Frühstücksgespräche im August (11)

Unter der Woche frühstücken wir immer um 8.30 Uhr – also die BewohnerINNEN, die zuhause sind und nicht nachts gearbeitet haben. Wenn Menschen aus so verschiedenen Ländern, Kulturen, Religionen und Alters zusammen sind, dann kommen ganz unterschiedliche Anliegen und Positionen ins Gespräch. In den ersten drei Augustwochen 2020 ging es um folgende Themen:

  • Vornamen im Kulturvergleich: Wieviele bekommt man, wer entscheidet, welche familiären Traditionen gibt es
  • Beate Uhse: Kunstfliegerin und Sex-Shop-Unternehmerin
  • Taschengeld in Seniorenheimen
  • Wahrnehmungsqualitäten blinder Menschen
  • Farb- und Stilberatung
  • Megastädte (Tokio)
  • Reisen – Motivation – Ziele
  • Insekten und Schnecken als Nahrungsmittel
  • Stadttore in Berlin: Welche gab es wann wo und was waren ihre Funktionen
  • Drogenentzug im Knast
  • Wahlen und Wahlfälschungen, totalitäre Systeme, Lukaschenko
  • Hare Krishna und hinduistische Gruppen
  • politische Systeme: Wer hat (wieviel) Macht?
  • Was wird an Maria Himmelfahrt / Aufnahme Mariens in den Himmel gefeiert
  • Frauen um Jesus, Frauen in christlichen Gemeinden, Frauen in den Religionen
  • Corona-Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf verschiedene Lebensbereiche

Mehr Frühstücksgespräche

 

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Neumond: islamisches Neujahr meets Rosch chodesch Elul

Sowohl der jüdische als auch der islamische Kalender orientieren sich am Mond. Heute ist in beiden religiösen Traditionen am Neumondtag der Beginn eines Monats. Für die Muslime ist heute der 1. Muharram des Jahres 1442 – also der erste Tag des neuen Jahres. Wir wünschen unseren muslimischen Freunden und Bekannten ein gutes neues Jahr voller Freude und Segenskraft.

Im jüdischen Kalender beginnt heute Abend mit Rosch Chodesch, dem ersten Tag im Monat, der Monat Elul. Dieser Monat geht dem neuen Jahr voraus und ist geprägt von den Themen Umkehr und Buße. Zu den liturgischen Besonderheiten gehört, daß als Hilfe zur Vorbereitung auf das neue Jahr täglich das Schofar geblasen und Psalm 27 gebetet wird:

Der Herr ist mein Licht und mein Heil – vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist für mein Leben wie eine schützende Burg, vor wem sollte ich erschrecken? 2 Wenn boshafte Menschen über mich herfallen, um mich mit Haut und Haaren zu verschlingen, meine Gegner und Feinde – dann sind sie es, die stürzen und fallen! 3 Selbst wenn mich ein Heer von Feinden umlagert: mein Herz ist nicht von Furcht erfüllt. Und wenn Krieg gegen mich ausbricht, bleibe ich dennoch voll Zuversicht. 4 Eines habe ich vom Herrn erbeten, das ist mein tiefster Wunsch: alle Tage meines Lebens im Haus des Herrn zu wohnen, um die Freundlichkeit des Herrn zu sehen und über ihn nachzudenken – dort in seinem Heiligtum. 5 Denn er wird mich am Tag des Unglücks in seinem Zelt bergen, mir dort in der Verborgenheit seinen Schutz gewähren und mich auf einem hohen Felsen in Sicherheit bringen. 6 Erhobenen Hauptes werde ich auf meine Feinde rings um mich herabsehen. Und ich will dort in seinem Heiligtum mit lautem Jubel meine Dankopfer bringen, ich will den Herrn preisen mit Musik und Gesang. 7 Höre, Herr, wenn ich nun mit lauter Stimme rufe, sei mir gnädig und antworte mir! 8 In meinem Herzen wiederhole ich deine Worte: »Kommt vor mein Angesicht, sucht meine Nähe!«Ja, Herr, das will ich tun: ich will vor dein Angesicht treten. 9 Verbirg dich darum nicht vor mir, stoße mich, deinen Diener, nicht im Zorn zurück, denn du warst zu jeder Zeit meine Hilfe! Gib mich nicht auf und verlass mich nicht, mein Retter und mein Gott! 10 Selbst wenn Vater und Mutter mich verließen, der Herr nimmt mich dennoch auf. 11 Lass mich deinen Weg erkennen, Herr, und leite mich auf ebener Bahn – tu es meinen Feinden zum Trotz! 12 Liefere mich nicht dem Mutwillen meiner Widersacher aus, denn es treten falsche Zeugen gegen mich auf! Aus ihrem Mund kommen heftige Worte voller Unrecht und Gewalt. 13 Doch ich bin gewiss, dass ich am Leben bleiben und sehen werde, wie gütig der Herr ist. 14 Hoffe auf den Herrn, sei stark, und dein Herz fasse Mut – ja, hoffe auf den Herrn! (Neue Genfer Übersetzung)

Eine Meditation von Rabbinerin Amy Scheinerman ist  hier. (englisch)

 

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Kräutersträuße – Kräuterbuschen

Kräuterbuschen

Am 15. August feiert die katholische Kirche das Fest „Maria Aufnahme in den Himmel“ (populär auch als „Maria Himmelfahrt“). In Bayern und im Saarland ist das ein arbeitsfreier Tag.

Dazu gibt es in der Volksfrömmigkeit folgende Legende: Als Maria, die Mutter von Jesus, gestorben war, kamen die Apostel drei Tage später an ihr Grab, doch das Grab war leer. Maria war mit Seele und Leib in den Himmel aufgenommen worden. Doch aus dem Grab strömten die Düfte von Rosen und Lilien, vermischt mit dem Duft von Heilkräutern.

Da um diese Zeit herum die Kraft der (Heil-)Kräuter am Stärksten ist, hat sich schon in vorchristlicher Zeit der Brauch der Kräuterbuschen entwickelt, den die katholische Kirche für den 15. August übernommen hat. Ein solcher Strauß kann zwischen sieben und 99 Kräutern enthalten, je nachdem, an welcher Symbolik man sich orientiert. Das Bild zeigt einen Kräuterbuschen, den uns unsere Freundin Gabriele geschenkt hat. Er ist im Kloster Helfta entstanden.

  • 7 – ist die Anzahl der Schöpfungstage
  • 9 – (3 x 3 ) Zahl der Dreifaltigkeit
  • 12 – Anzahl der Apostel
  • 14 – Zahl der Nothelfer
  • 24 – (2x 12) zwölf Stämme Israels und die zwölf Apostel von Jesus
  • 72 – (6 x 12) Zahl der Jünger von Jesus
  • 99 – (33 x 3 ) drei als Symbol der Dreifaltigkeit

Wir haben aus diesem Anlaß ein Gedicht geschenkt bekommen, das wir hier weitergeben:

Ich wünsche dir
die Unverwüstlichkeit, Tatkraft und Lebensfreude,
die im Löwenzahn steckt.

Ich wünsche dir
die tiefe Verwurzelung einer Ringelblume

Ich wünsche dir
die Geselligkeit des Huflattichs, der nie alleine wächst.

Ich wünsche dir
die Lebensfreude und die Kraft der Sonne,
die das Johanniskraut in dir wecken kann.

Ich wünsche dir
die Hartnäckigkeit der Brennnessel, die als Unkraut gilt,
sich schwer vertreiben lässt und sich zu wehren weiß.

Ich wünsche dir
die Beruhigung und Entspannung,
die die Melisse und der Baldrian schenken.

Ich wünsche dir
Wachstum, Gesundheit und Freude an allem,
was wächst und blüht.

Jutta Schnitzler-Forster
Aus: Jutta Schnitzler-Forster/ Kerstin Schmale-Gebhard, Ein Jahr für die Sinne. Kösel-Verlag 2004.

 

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Einmalig: Am 8.8. – 88 Jahre

„Ich feiere nicht, aber Ihr könnt machen, was Ihr wollt“ – so tönte es uns in den letzten Jahren entgegen, wenn es um den Geburtstag unseres ältesten Mitbewohners, Bruder Christian Schmidt, ging. Aber dieses Jahr war alles anders. Dieses Jahr wollte er feiern, denn eine solche Schnapszahl kann man nicht an sich vorübergehen lassen. Am 8.8. 88 Jahre alt werden – das passiert nur einmal. Und dann kommt die Acht gleich vier mal vor: Sein Geburtsjahr 1932. So feierten wir mit einem leckeren und ausgiebigen Samstagsfrühstück mit vielen Gästen – coronakonform – und mit noch mehr Anrufen und Briefen. Am Sonntag gab es dann mit besonderen Freunden von Christian und Mitbewohnern ein Geburtstags-kaffeetrinken mit einem Orangen-Mango-Sahne-Herz, einer Beerensahne-Torte und afrikanischen Märchen. Diese Woche wird das Feiern fortgesetzt.

Zum Weiterlesen:
85 Jahre
Noch mehr Feste und Feiern

 

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interreligiöses Friedensgebet 8/2020: innerer Halt und äußere Haltung

Alle sind willkommen  /  Everybody is welcome
Hoffnung für Frieden  /  Hope for Peace
innehalten, schweigen, sprechen, singen, beten
pause for a moment, in silence, speaking, singing, praying

Gruppe Interreligiöses Friedensgebet Berlin
August 2020 – an getrennten Orten

Der innere Halt und die äußere Haltung

Das Verlangen nach Aufrichtigkeit angesichts der Verunsicherungen breitet sich von den Rändern der Gesellschaft in ihre Mitte aus. Fahrlässig ist der müde Spott: Die Menschen wollen eben betrogen sein !? Wirklich? Eben nicht – und immer häufiger artikuliert sich die Erwartung: Es wäre erst mal wichtig, wenn man überhaupt mal wüsste, woran man hier eigentlich ist …! In den bestehenden Verunsicherungen wirken die Religionen und markieren Wege  und setzen Zeichen zur Orientierung.

Jedoch: Die einen sehen in ihnen lediglich ein Verwirrspiel mit manipulierten Hirnfunktionen; aber andererseits leugnen diese nicht, dass die Religion zumindest das Potential der Wahrhaftigkeit in sich trägt.

Es fällt uns auf, dass in den gegenwärtig verunsichernden Ereignissen und Krisen Sprache und Zeichen verwendet werden, die in den religiösen Kernbereich gehören. Ist das eine übergreifende Anerkennung – ob Gott nun gedanklich eingebildet oder handwerklich hergestellt ist –  dass eine höchste Instanz ‚Gott‘ sich mitteilt dem Gegenüber ‚Mensch‘? Weil er bei Gott bekannt und von ihm erkannt ist, weiß er sich erst recht in Stand gesetzt, um aufrichtig zu sein. Und wenn es der Klärung dienen kann, beteiligt er sich mit Worten und Zeichen und durch Kreativität und Körpersprache. So findet die religiöse Denkwelt und Körpersprache überraschenden Eingang in den gesellschaftlichen Diskurs und erklärt uns mehr als es Worte zum Ausdruck bringen können, worumes den Akteuren eigentlich geht.

Sie knien bei ihren Protesten. Auf Straßen und Plätzen in Amerika knien Menschen aufgerichtet, weil ein am Boden liegender Mensch unter dem Knie eines Staats-beamten erstickt wurde. Dem anwachsenden Protest setzte der Staatslenker die hochreckte Bibel in einem ganz anderen religionsmächtigen Gestus als Kampfansage entgegen. Jahrzehnte davor reckte ‚Black Panther‘ Fäuste in den Olympiahimmel und wurden bestraft. Im vergangenen Monat kniete ein weißer Polizeipräsident in Kalifornien mit den Protestierenden. Sie sichern die Stimme der friedlichen Demonstranten.
Gebeugte Knie sind in allen Religionen der Welt die Körpersprache derer, die sich dem Heiligen betend überlassen.

Wer vor Gott kniet, kann sich eigentlich nicht als Gott aufspielen. Er wird sich von ihm aufrichten lassen und empfängt die höchste Würde: Du bist ein vom erhabenen Gott erhobenes Geschöpf ! Wir sind gerufen, die göttlichen Zeichen der Zuversicht zu entziffern und betend alle menschliche Zuwendung zu begleiten.

 

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