Frühstücksgespräche im September (12)

Unter der Woche frühstücken wir jetzt zu Corona-Zeiten immer um 8.30 Uhr – also die BewohnerINNEN, die zuhause sind und nicht nachts gearbeitet haben. Manchmal kommt wieder der eine oder andere Frühstücksgast dazu. Wenn Menschen aus so verschiedenen Ländern, Kulturen, Religionen und Alters zusammen sind, dann kommen ganz unterschiedliche Anliegen und Positionen ins Gespräch. Jeden Samstag ab 9.30 h laden wir zu einem offenen Frühstück ein.  Im September 2020 ging es um folgende Themen:

  • Smartphone – welche Daten gibt man preis
  • Kinder im Gefängnis in unterschiedlichen Ländern (Strafmündigkeit)
  • Hierarchien unter Gefangenen
  • Was sind Exerzitien auf der Straße und wie laufen sie unter Corona-Bedingungen ab?
  • Erfahrungen mit Gebet im Islam
  • Wehrdienst in verschiedenen Ländern (wie lange, Pflicht, freiwillig)
  • 13000 Stühle vor dem Reichstag
  • Warum gibt es in Deutschland so viele unterschiedliche Schulsysteme
  • Zentralabitur ja oder nein
  • Berufseinstieg in verschiedenen Ländern
  • Strukturen in der Natur als Vorbilder für Architektur (Biber)
  • Welche Sprachen werden an welchen Schulen / Ausbildungsbereichen angeboten
  • Jahrestag und Erinnerungen an 9 / 11 (Terroranschlag in New York)
  • Mitbewohner aus muslimischen Ländern erzählen, wie sie nach dem Terroranschlag von New York als Muslime wahrgenommen  und behandelt werden und was sich für sie zum Negativen verändert hat
  • Ordensleben im Vergleich: Trappisten, Benediktiner, Zisterzienser, Franziskaner, Jesuiten
  • Kontemplation und Zen-Meditation: Gemeinsamkeiten und Unterschiede
  • Begegnung mit mystischen Traditionen in unterschiedlichen Religionen
  • Buddhismus in Europa
  • Film „von Menschen und Göttern“ über das Leben und die Ermordung der Trappistenmönche von Tibirine – unterschiedliche Sichten von Christen und Muslimen
  • Wie typisch ist das Leben der Mönche von Tibirine für Trappisten
  • unterschiedliche Bibelübersetzungen: Stärken und Schwächen
  • Straftatbestände in unterschiedlichen Kulturen
  • Aggressivität im Berliner Straßenverkehr
  • Hundehaltung von verschiedenen Rassen
  • jüdisches Neujahrsfest Rosch haSchana
  • Straßenexerzitien als Einzelexerzitien
  • gute und schlechte Traditionen
  • Beschneidung von Jungen als traumatische Erfahrung
  • Sperrmüll – was ist das genau und wie läuft das in verschiedenen Städten
  • wie werden verschiedene Gewässer benannt und unterschieden
  • Träume – luzide Träume – Umgang mit Träumen
  • Oktoberfestattentat und wie sich die Einschätzung verändert hat (kranker Einzeltäter – Terroranschlag)
  • Wirtshauswiesn statt Oktoberfest
  • Wie Erbschaftsstreitigkeiten Familien spalten können
  • Verteilung von Familienarbeit in Partnerschaften – mental Load
  • MPU – Idiotentest um den Führerschein wieder zu bekommen – wie läuft er ab
  • Navis und die Folgen – nimmt die Orientierungsfähigkeit ab
  • Häufigkeit des Familienkontakts in unterschiedlichen Kulturen
  • Unterschied ‚Warnstreik – Streik – Generalstreik
  • Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan und die Auswirkungen auf Nachbarländer und Region
  • Suizidversuch als Hilferuf

Mehr Frühstücksgespräche aus anderen Monaten …

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Gefunden … Fotos von Bine und Nadine Eggert

Nachdem wir Anfang der Woche die Ausräumaktion abgeschlossen haben, waren wir ziemlich geschafft. Viele zurückgelassene Kisten, Koffer und andere Behältnisse von ehemaligen Mitbewohnern waren jahre- ja teilweise jahrzehntelang nicht abgeholt worden. Auch verschiedene vermisste Gegenstände haben sich wiedergefunden: Bücher, ein Radio-CD-Player, Fotoalben (Priesterweihe von Christian), unsere Advents- und Weihnachtsliederhefte vom letzten Jahr, diverse Haushaltsgegenstände und Fotos von Sabine (Bine) und Nadine Eggert. Einige Fotos hatten wir schon – andere sind jetzt noch gefunden worden.

Nadine Eggert

Dahinter steckt folgende Geschichte Sabine (genannt Bine) wohnte in Kreuzberg und hatte sechs Jahre lang Kontakt zur WG. Sie war chronisch krank. Deshalb ist ihre kleine Tochter Nadine bei Sabines Eltern aufgewachsen. Sabine hat sich gewünscht, bei uns in der Wohnge-meinschaft sterben zu dürfen. Dieser Wunsch konnte ihr erfüllt werden. So ist es dann auch geschehen. Bine (geb. am 17.09.1962) ist am 5. Juni 1996 in der Naunynstraße verstorben. Ihre Tochter Nadine war damals fünf Jahre alt. Der Kontakt von Nadine zu ihrer Mutter war sehr selten. Vielleicht erinnert sie sich noch an den Kater Tarzan.  Wir würden Nadine, die heute 29 Jahre alt ist, gern die Fotos geben. Allerdings haben die bisherigen Versuche Nadine zu finden keinen Erfolg gehabt (telefonbuch.de, Kontaktaufnahme über Fxxxbook mit den Frauen dieses Namens…). Es gibt noch einige Menschen, die Bine erlebt haben und von ihr erzählen können.

Nun unsere Bitte an diejenigen, die hier mitlesen und in sozialen Netzwerken unterwegs sind. Wir würden uns freuen, wenn Ihr diesen Blogeintrag teilen würdet. Vielleicht finden wir Nadine auf diese Weise.

Zum Weiterlesen:
Ausgeräumt …
Mehr von (ehemaligen) Mitbewohner*innen
Neugestaltung unserer Wohnzimmer-Gedenkwand
weitere Nachrufe auf Ex-Bewohner*innen und Freunde unserer WG

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Ausgeräumt …

Eine große Ausräum- und Aufräumaktion haben wir gestern gestartet. In vielen Regalen und Stauräumen, besonders im Flur, lagerten Kartons und Kisten mit Hinterlassen-schaften von ehemaligen Bewohnern: Kisten, deren Lagerungsdauer schon in Jahrzehnten gerechnet werden kann, da die WG seit 36 Jahren in diesen Räumen ist. Und einiges, was vermisst wurde, fand sich wieder. Insgesamt sechs Kubikmeter hatten sich angesammelt und wurden zur BSR-Sammelstelle gebracht. Dort kann man drei Kubikmeter umsonst abgeben. Als der Mitarbeiter hörte, daß es sich um eine Wohngemeinschaft handelt und ein Mitbewohner meinte: „Wir kommen nur alle zehn Jahre“ (was leicht untertrieben ist) wurde die restliche Gebühr erlassen.

Über einen überraschenden Fund wird dann morgen berichtet …

Jedenfalls haben wir Platz gewonnen, und es ist luftiger geworden.

Zum Weiterlesen:
Räume (1)

 

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Samstagsfrühstück: Monastische und andere Traditionen …

Samstagsfrühstück: der Tisch ist gedeckt

Unter besonderen Umständen, im kleinen Kreis, fand heute unser Samstagsfrühstück statt. Auch wenn wir eine kleine Gruppe waren, so waren wir bunt gemischt: Christlich, muslimisch, buddhistisch, jüdisch oder agnostisch unterwegs. Bruder Winfried von der Emmausgemeinschaft, einer franziskanischen Gemeinschaft auf dem Josefshof war gekommen. Manche werden ihn und seine Akkordeonbegleitung noch von unseren Adventsabenden in Erinnerung haben.  Zum ersten Mal war Frank, einer aus der gastgebenden Gemeinschaft unserer Straßenexerzitien Ende August unser Frühstücksgast.

Gestern war der Jahrestag des Anschlags in New York auf die Twin Towers. Mitbewohner aus muslimischen Ländern erzählen, wie sie danach als Muslime wahrgenommen und behandelt werden, welche Formen von Diskriminierung sie erleben und was sich für sie zum Negativen verändert hat.

Drei Personen am Frühstückstisch haben Erfahrungen mit unterschiedlichen Strömungen des Ordenslebens in verschiedenen Ordensgemeinschaften: Trappisten, Franziskaner und Jesuiten. Das lädt zu Vergleichen über Gemeinsamkeiten und Unterschiede ein. Außerdem kommen durch Gastaufenthalte in Klöstern auch noch Erfahrungen mit der Spiritualität der Benediktiner, Zisterzienser und Kartäuser dazu.  Frank war 15 Jahre Trappistenmönch und einige Zeit auch für die Neuankömmlinge zuständig. Auch jetzt ist er immer wieder Gast in verschiedenen Trappistenklöstern in Belgien und den Niederlanden und kann viel über die Veränderungen während der letzten 30 Jahre erzählen.

So kommen wir auf den Film „von Menschen und Göttern“ über das Leben und die Ermordung der Trappistenmönche von Tibhirine. Die meisten am Tisch haben den Film einmal oder mehrmals gesehen und wir erfahren voneinander die unterschiedliche Sichten christlicher und muslimischer und anderer Frühstücksteilnehmer. Wie gut, daß Frank heute bei uns ist. Er kann einiges zu der Frage beitragen, wie typisch das Leben der Mönche von Tibhirine für Trappisten ist. Dieses Kloster ist – so Frank – eine Aus-nahmeerscheinung unter Trappistenklöstern.

Weil auch noch jemand am Tisch sitzt, der einen buddhistischen Weg (Zen) geht, landen wir bei Zen-Meditation und Kontemplation  und der Begegnung mit mystischen Traditionen in unterschiedlichen Religionen sowie der Transfer verschiedener buddhistischer Richtungen in europäische Gesellschaten.

Wie wir dann bei den Stärken und Schwächen unterschiedlicher Bibelübersetzungen gelandet sind, weiß ich nicht mehr. Jedenfalls ergab sich darauf noch die Frage, warum sich biblische Namen in jüdischen und christlichen Bibelübersetzungen unterscheiden (Mosche – Moses, Jochanan – Johannes, Miriam – Maria, Schlomo – Salomo, Jeschua – Jesus).

Nachdem die letzten Frühstückstreffen sehr stark von politischen Themen geprägt waren lag heute der Schwerpunkt auf dem Themenbereich Religion und Spiritualität.

Unser ältester Mitbewohner Christian Schmidt (SJ) zog folgendes Fazit: „Das war heute außergewöhnlich – ein besonders schönes Samstagsfrühstück“.

Zum Weiterlesen:
Der letzte Überlebende von Tibhirine, Bruder Jean-Pierre Schumacher
Was unser Samstagsfrühstück  ausmacht
Das Kloster von Tibhirine – von Mönchen, Mördern und Muslimen   (Deutschlandradio)

 

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Es könnte sein …

Zu Beginn der Corona-Krise wurde dieser Text an unterschiedlichen Orten des Internets geteilt. Auch in unserer Wohngemeinschaft war er Thema. Er lädt dazu ein zu überlegen, was gutes Leben ist.

Es könnte sein…

Es könnte sein, dass in Italiens Häfen die Schiffe für die nächste Zeit brach liegen, … es kann aber auch sein, dass sich Delfine und andere Meereslebewesen endlich ihren natürlichen Lebensraum zurückzuholen dürfen. Delfine werden in Italiens Häfen gesichtet, die Fische schwimmen wieder in Venedigs Kanälen!

Es könnte sein, dass sich Menschen in ihren Häusern und Wohnungen eingesperrt fühlen, … es kann aber auch sein, dass sie endlich wieder miteinander singen, sich gegenseitig helfen und seit langem wieder ein Gemeinschaftsgefühl erleben. Menschen singen miteinander!!! Das berührt mich zutiefst!

Es könnte sein, dass die Einschränkung des Flugverkehrs für viele eine Freiheitsberaubung bedeutet und berufliche Einschränkungen mit sich bringt,… es kann aber auch sein, dass die Erde aufatmet, der Himmel an Farbenkraft gewinnt und Kinder in China zum ersten Mal in ihrem Leben den blauen Himmel erblicken. Sieh dir heute selbst den Himmel an, wie ruhig und blau er geworden ist!

Es könnte sein, dass die Schließung von Kindergärten und Schulen für viele Eltern eine immense Herausforderung bedeutet,…es kann aber auch sein, dass viele Kinder seit langem die Chance bekommen, endlich selbst kreativ zu werden, selbstbestimmter zu handeln und langsamer zu machen. Und auch Eltern ihre Kinder auf einer neuen Ebene kennenlernen dürfen.

Es könnte sein, dass unsere Wirtschaft einen ungeheuren Schaden erleidet,… es kann aber auch sein, dass wir endlich erkennen, was wirklich wichtig ist in unserem Leben und dass ständiges Wachstum eine absurde Idee der Konsumgesellschaft ist. Wir sind zu Marionetten der Wirtschaft geworden. Es wurde Zeit zu spüren, wie wenig wir eigentlich tatsächlich brauchen.

Es könnte sein, dass dich das auf irgendeine Art und Weise überfordert, … es kann aber auch sein, dass du spürst, dass in dieser Krise die Chance für einen längst überfälligen Wandel liegt,
– der die Erde aufatmen lässt,
– die Kinder mit längst vergessenen Werten in Kontakt bringt,
– unsere Gesellschaft enorm entschleunigt,
– die Geburtsstunde für eine neue Form des Miteinanders sein kann,
– der Müllberge zumindest einmal für die nächsten Wochen reduziert,
– und uns zeigt, wie schnell die Erde bereit ist, ihre Regenaration einzuläuten, wenn wir Menschen Rücksicht auf sie nehmen und sie wieder atmen lassen.

Wir werden wachgerüttelt, weil wir nicht bereit waren es selbst zu tun. Denn es geht um unsere Zukunft. Es geht um die Zukunft unserer Kinder!!!

(Autorin: Tanja Draxler – http://www.tanjadraxler.com)
Übersetzungen dieses Textes in verschiedenen Sprachen sind hier

Hinzugefügt … Johannes Siebner (SJ)

Im Wohnzimmer unserer Gemeinschaft gibt es seit vielen Jahren eine Gedenkwand mit den Fotos von Menschen, die hier gelebt haben, in ihrer letzten Lebensphase hier begleitet wurden oder als Freunde für uns wichtig geworden sind.

Ein solch  guter Freund war der Provinzial der Jesuiten, Pater Johannes Siebner (SJ), der am 16. Juli 2020 an den Folgen einer Krebserkrankung verstorben ist. Wir haben sein Foto unserer Gedenkwand hinzugefügt.

Mehr zu Johannes Siebner (SJ)und unserer Gemeinschaft
Mehr zu unserer Gedenkwand
Artikel über die Trauerfeier von Johannes Siebner

 

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Absolut ruhig …

… is des bei Euch. So gut wie bei Euch hab ich schon lang nimmer geschlafen. Ich hab mich richtig gut bei Euch erholt“ – so Orginalton von unserem Freund Rudi, den es vor zwei Jahren in die Brandenburgische Provinz verschlagen hat. Vorher hat er in Berlin gelebt und uns mehrmals wöchentlich besucht – meist mit Dackel Benny (Bild links) – manchmal auch mit Rottweiler Blacky. Nun ist er seit gut zehn Tagen bei uns, schläft direkt über dem „Trinkteufel“, der Punk-Kneipe, in der es täglich rund geht bis in die frühen Morgenstunden und am Wochenende gerne länger..

 

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