nahe Ferne – ferne Nähe und ein Segen

Es ist früh am Morgen. Ein Mitbewohner kommt die Treppe im Hausflur herunter. Er ist auf dem Weg zur Arbeit. Fast auf Gesichtshöhe hält er sein Smartphone vor sich und scheint hineinzuschauen. Ich höre eine Frauenstimme, erkenne die Stimme seiner Mutter, auch wenn ich die Sprache nicht verstehe.  Sie klingt ganz nah, obwohl mehr als 2800 Kilometer zwischen den beiden liegen.

Es wird still. Er ist auf meiner Höhe, dreht sich zu mir und sagt: Meine Mutter. Macht jeden Morgen Kreuz über mich und sagt Worte von Gott. Ich: Sie segnet Dich?
Er: Ja, macht Segen. Jeden Morgen – wenn ich gehe aus Haus.  Schon wenn ich war kleine Kind und gehen in Schule. – Und jetzt auch.

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Hilferuf vom Duschmobil für Frauen

Es ist Sommer. Es ist heiß. Seit bald drei Jahren ist das Duschmobil für wohnungslose  Frauen in Berlin unterwegs. Einmal in der Woche hält es auch in unserer Nachbar-schaft. Im Tagesspiegel vom 25. August 2019 heißt es:

Im Duschmobil finden diese Frauen Ruhe, einen Ort, an dem sie nicht bloß durchatmen können, hier finden sie auch zu dem Gefühl von Würde, zum Gefühl, sich wieder wirklich als Frau empfinden zu können. „Sie können sich eincremen, ihre Nägel machen, sie können alle Mühe mal wegduschen“, sagt Elke Ihrlich, Bereichsleiterin des SkF. Vor allem können sie sich mal fallen lassen, 90 Minuten seelischer Genuss, keine Hektik, kein Blick auf die Uhr – Inseln der emotionalen Seelenstärke. In Notunterkünften ist die Duschzeit meist auf fünf Minuten begrenzt.

In einem Vorraum des Duschmobils erhalten die Frauen Kaffee und Croissants. Der Unternehmer Matthias Müller von „workerfashion M.M. Team GmbH“ hat es gespendet, er bezahlt auch die Instandhaltungskosten.

Das Duschmobil braucht Hilfe. In einem Aufruf heißt es:

Spenden für das Duschmobil

Wer dem Duschmobil spenden zukommen lassen will, melde sich zwecks Absprach unter Tel. 0151 146 48 756 oder per Mail: duschmobil@skf-berlin.de

Bilder vom Duschmobil

Küchenschlacht: Großeinsatz zu Fronleichnam

Berlin ist tiefste katholische Diaspora. Gerade mal drei Prozent der Bewohner sind katholisch. Fronleichnam – am 2. Donnerstag nach Pfingsten – ist hier kein Feiertag. Nur Mitarbeitende katholischer Einrichtungen haben frei. Ein Fronleichnamsgottesdienst mit anschließender Prozession findet in den Abendstunden auf dem Bebelplatz vor der Sankt Hedwigskathedrale statt. Da versammelt sich das katholische Berlin. In den Pfarrgemeinden wird am darauffolgenden Sonntag gefeiert.

Collage: Reis mit Currysauce (vegetarisch und mit Fleisch), Gurkensalat, Käsekuchen


Drei kirchliche Standorte der Großpfarrei Bernhard Lichtenberg, nämlich St. Michael Kreuzberg, St. Michael Mitte und St. Marien-Liebfrauen wollten gemeinsam feiern. Nach der Sonntagsmesse und anschließender Prozession sollte es Mittagessen vor St. Michael Kreuzberg geben. 

Der Chefkoch rief zum samstäglichen Vorbereitungseinsatz. Es sollte Reis mit Currysauce  (Fleischvariante und vegetarisch) sowie Gurkensalat geben. Für das Kuchenbüffet würden großenteils andere sorgen. 

So wurde nach dem Samstagsfrühstück eingekauft, gewaschen, geschält, geschnitten, gerieben, gepresst, mariniert und was sonst noch so anfiel beim Kochen für hundert Personen in unserer haushaltsüblichen Küche. Ver- und bearbeitet wurden 10 kg Hühnerbrustfilet, 10 kg Reis, 15 kg Tomaten, 15 kg Zucchini, 5 kg Zwiebel, unbekannte Menge Knoblauch und frisches Basilikum, 10 kg Joghurt, 15 Gurken und 1,5 l Olivenöl. Die Zutaten für den Käsekuchen mit Blaubeeren liefen extra. Die Vorbereitungsphase war gegen 22.00 h abgeschlossen. Zwischendurch gab es eine Pause, weil ein Mitbewohner syrisches Abendessen zubereitete.

Der Kocheinsatz ging am Sonntag ab 6.00 Uhr morgens weiter. Zumindest waren daEschon die ersten in der Küche. Alles hat gut gereicht und geschmeckt, denn es waren noch siebzig Menschen beim Essen dabei. Und wenn der Chefkoch für hundert kocht, dann reicht es sicher für 120. 

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Wie ein Baum: Bibliodrama zu Psalm 1

Da ich selber immer wieder mit großer Freude und noch größerem Erkenntnisgewinn mit Bibliolog und Bibliodrama unterwegs bin und bei „Bibel bewegt“ eingeladen bin, möchte ich die BerlinerINNEN unter Euch auf folgende Veranstaltung hinweisen:

Herzliche Einladung am kommenden Montag 20. Juni 2022


Sein wie ein Baum 
(Psalm 1,3 als Bibliodrama)



Bibliodrama ermöglicht Begegnungen mit unterschiedlichen
biblischen Gestalten und Geschichten in verschiedenen kreativen
Formen. Bäume sind unsere Brüder und in Psalmgebeten große
Vorbilder für unser eigenes Leben. Das Bibliodrama bietet ein
Neu-Entdecken des Textes, wozu Sie herzlich eingeladen sind.

Mit: Birgit Brunner (kath. Theologin, Bibliodramaleitung und geistliche Begleiterin)

Wann: Montag, 20. Juni 2022 um 19.30 Uhr im Pfarrsaal von St. Bonifatius, Yorckstraße 88 E (Empfehlung Mindestabstand und ggf. FFP2-Maske)
U6 / U 7 Mehringdamm, Bus 140 Mehringdamm

Ihre Anmeldung ist hilfreich, Sie sind auch spontan herzlich willkommen:
paula.vonloe (at) bernhard-lichtenberg.berlin

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Afrikanischer Übernachtungsgast: Zwischen Baum und Borke

Ein Bekannter aus einer süddeutschen Stadt ruft an und fragt, ob ein Geflüchteter, den er seit vier Jahren begleitet, bei uns übernachten könne. Am nächsten Tag müsse der schon sehr früh zur Botschaft seines Landes.

Der junge Mann erzählt, daß sein Anerkennungsverfahren noch läuft. Dafür braucht er noch  Papiere. Ob die Botschaft seines Landes ihm die geben wird, ist unsicher. Er ist zwiegespalten. Falls er keine Anerkennung bekommen wird, sei es vielleicht besser keine Papiere zu haben, denn ohne Papiere könne er nicht abgeschoben werden. Er hat keine lebenden Angehörigen mehr und hofft auf eine Perspektive hier.

Es gibt afrikanische Staaten, die ihren Bürgern, die sich hier aufhalten, keine Papiere ausstellen. Denn die sollen hier arbeiten – notfalls illegalisiert – und Geld nach Hause schicken. Bei seinem Land ist es mal so und mal anders: Unberechenbar mit offenem Ausgang.

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Wenn die Tür besonders weit offen steht …

Samstagsfrühstück: der Tisch ist gedeckt

Diese Woche ist das Rahmenthema der täglichen Morgenandacht im Deutschland-funk um 6.30 Uhr „Gemeinschaft“. Heute erzählt Jörg Machel, der über 30 Jahre Pfarrer in unserer Nachbarschaft war, von seinen Begegnungen bei unserem Samstagsfrühstück. Der Beitrag ist vier Minuten lang und kann hier nachgehört werden. Der Sendetext kann hier nachgelesen werden.

Nachtrag: Heute gab es besonders viele Zugriffe auf das Weblog. Wir sind gespannt, ob am Samstag neue Frühstücksgäste kommen.

Zum Weiterlesen:
Nachruf auf Christian Herwartz von Jörg Machel: An eurer Seite: Ein Leben jenseits der Komfortzone
Mehr von den Samstagsfrühstückstreffen

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#WMDEDGT Juni 2022: Schawuot und Pfingsten

Am 5. des Monats ruft die Nachbarbloggerin immer zum Tagebuchbloggen auf unter dem Motto „WMDEDGT?“ (kurz und knackig für „Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?“). Manchmal melde ich mich auch hier im Blog zu Wort und dieses Mal habe ich einiges zu erzählen.

Ich bin der Tisch von der Wohngemeinschaft Naunynstraße mitten in Kreuzberg  im ehemaligen SO 36. Heute hatten wir zwei Feiertage gleichzeitig: Schawuot  (Wochenfest) und Pfingsten wie schon  2019.

Um Mitternacht begann der Schawuot-G-ttesdienst in der Central Synagogue in New York in Präsenz und online. An Schawuot war das ganze jüdische Volk am Berg Sinai und ihm wurde die Torah übergeben. Der G-ttesdienst wurde von einer Gruppe 16jähriger Jugendlicher geleitet und gestaltet, die ein Jahr lang miteinander eine „confirmation class“ besucht haben und sich in dieser Zeit mit jüdischen Traditionen und jüdischen Werten beschäftigt haben und was das für sie bedeutet.

„Confirmation“ hört sich ja erst mal evangelisch nach „Konfirmation“ an und geht auf das 19. Jahrhundert in Deutschland zurück. Dieser Brauch wurde von deutschen jüdischen Auswanderern nach Amerika mitgenommen. Im liberalen Judentum werden die Mädchen mit 12 Jahren auf die Bat Mizwa und die Jungen mit 13 Jahren auf die Bar Mizwa vorbereitet. Sie werden als einzelne von einem Rabbiner oder einer Kantorin begleitet und lernen, den Wochenabschnitt aus der Torah, der am Schabbat nach ihrem 12. bzw. 13. Geburtstag dran ist und tragen dann Teile daraus in der Synagoge vor und kommentieren ihn mit ihren eigenen Gedanken dazu..

In der Confirmation Class sind sie ein Jahr lang als Gruppe zusammen und vertiefen jüdische Themen. Das ist eine gute Ergänzung. Außerdem sind sie dann schon etwas älter und nähern sich nochmal anders den Inhalten an. Die diesjährige Confirmation Class war sehr beeindruckend, wie sie die einzelnen Teile des G-ttesdienstes eingeführt und gestaltet haben und was sie als zentral für ihr Jüdisch sein benannt haben.. 

Weil die Torah nahrhaft wie Milch ist, gibt es an Schawuot überwiegend milchige Speisen. Der Chefkoch hat seinen beliebten Spezialgriesbrei gemacht. Es gab außerdem Käsekuchen, verschiedene Sorten Käse und Frischkäse. Ein Mitbewohner aus einem Land, das zur ehemaligen Sowjetunion gehört hat, erzählt, wie Mitarbeiter des KGB (Geheimdienst) sogar in Poesiealben von Schulkindern herumgeschnüffelt haben um Material gegen die Eltern in die Hand zu bekommen. Um kurz vor 10 Uhr brachen einige zum evangelischen G-ttesdienst auf, um 11.30 h begann die katholische Messe. Zwei holten eine Freundin im Rollstuhl aus dem nahe gelegenen Seniorenheim ab. 

Am Nachmittag war es dann relativ ruhig, weil die meisten BewohnerINNEN beim schönen Wetter unterwegs waren. Ein Freund kam vorbei zum Käsekuchen essen.

Als Abendessen hatte der Chefkoch eine Pizza mit Champignons und Käse zubereitet, die großen Anklang fand bei denen, die zum Abendessen da waren.  

Der Abend klang ruhig aus mit einigen Telefonaten, Lesen, Musik hören, Unterhaltungen. Ein ehemaliger Bewohner kam noch vorbei und wollte die Adresse eines anderen ehemaligen Bewohners und erkundigte sich, wie es uns geht. Alles ruhig und unspektakulär.

Weitere Beiträge zu #WMDEDGT Juni 2022 sind hier

Mehr zu Schawuot

Warum an Schawuot das  Ruth gelesen wird

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Das Gleichnis von der Buntnessel-Blüte

Ein Mitbewohner ist mit einem grünen Daumen gesegnet. Als kleiner Ableger kam eine Buntnessel an unser Wohnzimmerfenster. Inzwischen ist sie groß gewachsen. Letzte Woche waren auf einmal zarte, blaue Blüten am Wohnzimmerfenster. Wo kommen die denn plötzlich her? Es dauerte einige Zeit bis wir sie der Buntnessel zuordnen konnten. Welche Überraschung, was da auf einmal ganz unverhofft und unerwartet zum Blühen kommt – wie im richtigen Leben: Ein Gleichnis.

blühende Buntnessel am Wohnzimmerfenster

 

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11. Lange Nacht der Religionen in Berlin: 11. und 12. Juni

Die Lange Nacht der Religionen 2022 findet dieses Jahr an zwei Tagen statt -am Wochenende nach Pfingsten:

Sa 11. und So 12. Juni
Sie steht unter dem Motto “Sei das Licht in der Dunkelheit!
Gebt einander Kraft und Halt”

Das ausführliche Programm ist hier zu finden. 

 

In St. Michael Kreuzberg laden wir am Sonntag, 12. Juni ab 18:30 Uhr zu einem Programm ein, das sich eine Vorbereitungsgruppe aus der Gemeinde ausgedacht hat. Das Thema „Unterwegs mit der Bibel. Dein Wort ist Licht auf meinem Weg.“ zeigt, dass die Begegnung mit dem Wort Gottes an diesem Abend im Mittelpunkt stehen soll. Eröffnet wird der Abend mit einem Abend- und Friedensgebet. 

Unterwegs mit der Bibel – Dein Wort ist Licht auf meinem Weg

18.30 Uhr
Abendgebet mit der Bitte um Frieden
19.30 Uhr: 
Bibliolog: Leben können von dem, was übrig bleibt
20.30  Uhr: 
Bildbetrachtung: Bis der Morgenstern aufgeht
21.30 Uhr
Psalmbrücke: Deine Nähe sättigt den Hunger meiner Seele wie ein Festmahl
(eine vom Bibliolog inspirierte Form einen Psalm zu meditieren)
 
wo: Sankt Michael Kreuzberg
Waldemarstr. 10-12 / Ecke Dresdener Straße
U 1,3 und 8: Kottbusser Tor

 

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