Bis jetzt waren wir drei Mal zehn Tage in Quarantäne, zuletzt im Februar dieses Jahres. Nun ist Corona wieder bei uns zu Besuch. Deswegen mußten wir auch das letzte Samstagsfrühstück absagen.
Derzeit sind vier von uns betroffen: Drei schwere Verläufe, davon einer auf dem Weg der Besserung – und ein milder Verlauf – drei zum ersten Mal und einer zum zweiten Mal.
Nachtrag: Ab 19. November kann das Samstagsfrühstück wieder stattfinden.
Vorletztes Weihnachten kam als große Überraschung neben einem opulenten Süßigkeitenpaket, das er schon viele Jahre an uns schickt, sein Seidenmalbild Jerusalem bei uns an. Es ist das Erste, das Gäste sehen, wenn sie unsere Wohnung betreten. Es hängt gleich gegenüber von unserer Wohnungseingangstür:
– Jerusalem – von Michael KagelD
Diese Woche haben wir Michael, der um 2002 für ein halbes Jahr hier gelebt hat, endlich persönlich kennengelernt. Wegen Corona mußte der Besuch zwei Mal verschoben werden. Wir freuen uns sehr über die gemeinsame Zeit mit ihm und sind lecker beim Kommunitätsabend bekocht worden (Nudeln mit Tomaten-Thunfisch-Sauce). Der Chefkoch will das Rezept übernehmen, was einem Ritterschlag gleichkommt.
Seit April 2013 ruft die Nachbarbloggerin immer am 5. des Monats zum Tagebuchbloggen auf unter dem Motto „WMDEDGT?“ (kurz und knackig für „Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?“). Manchmal melde ich mich auch hier im Blog zu Wort und dieses Mal habe ich nicht so viel zu erzählen.
Ich bin der Tisch von der Wohngemeinschaft Naunynstraße W.ordpress spinnt immer noch. Ein Informatikerfreund hat sich die Sache angeschaut und konnte nicht helfen. Und unter den derzeitigen pandemischen Umständen ist es mit einem Zugang zu anderen Computern schwierig. So gibt es hier derzeit wenig zu lesen, obwohl die Advents- und Weihnachtszeit sehr schön und intensiv war. Aber heute klappt es zum 5. des Monats Februar.
Es war ein sehr stiller Samstag, den wir hier verbracht haben. Ein Mitbewohner hat sich am Arbeitsplatz mit Corona angesteckt. Am Donnerstag kam das positive Ergebnis vom PCR-Test. Er hat glücklicherweise einen recht leichten Verlauf. Da sind wir sehr froh. Aber alle sind in Quarantäne außer zwei, die geboostert sind.
Wir mußten unser traditionelles Samstagsfrühstück absagen. Das war sehr traurig. Diesen Tag mag ich besonders gern, auch wenn nicht mehr viele Besucher kommen im Vergleich zu vor Corona. Da waren mindestens 15 Leute oft auch 25 Leute oder mehr in den drei Stunden da. In den letzten Monaten waren es zwischen drei und acht – und heute nicht einmal das. So ungewohnt und so still. In den mehr als vierzig Jahren, die ich hier stehe, ist das nur wenige Male vorgekommen. Ich merke, das fehlt mir sehr. Da kommt immer die Welt ins Haus.
Am Samstagnachmittag holen immer zwei Bewohner bei den Schwestern von Mutter Theresa für uns Lebensmittel von der Tafel ab. Der Chefkoch ist geboostert. Deshalb konnte er losgehen. Um die Übergabe so sicher wie möglich zu gestalten wurden die Lebensmittel bei einem Freund nebenan untergestellt, wo der Chefkoch sie holen konnte. Was für eine Großzügigkeit von den Schwestern. Was da auf mir abgeladen und sortiert werden mußte – ich war fassungslos: So viel, da konnten wir der Nachbarin unter uns Obst abgeben und wußten gar nicht, dass wir einen Tag später noch Lebensmittel, die später gebracht werden würden, erhalten. Viele liebe Menschen haben nachgefragt, ob wir Hilfe brauchen. Danke schön. Derzeit sind wir bestens versorgt.
Am Nachmittag war dann der Schabbatgottesdienst von der Central Synagogue in New York dran. Dort ist es dann halb zehn morgens. Ich konnte nicht mithören, weil Kopfhörer benutzt wurden, aber da die Kantorin und die Rabbinatsstudentin nicht in der Synagoge, sondern in privaten Räumen waren und ich viele Zoom-Kacheln gesehen habe, weiß ich, daß es in New York auch ganz schön heftig sein muß, was die Pandemiesituation betrifft.
Samstagnachmittag und auch am Abend kein Besuch. Ich war irritiert und mußte mir immer wieder vergegenwärtigen, dass wir in Quarantäne sind. Einige Anrufe, Gespräche von Bewohnern, der eine legt eine Patience, ein anderer macht Näharbeiten und der Chefkoch bereitet einen leckeren Blumenkohl-Reis-Eintopf zu. Für reichlich Vitamine ist auch gesorgt.
Weitere Beiträge zum WMDEDGT im Februar 2022 sind hier
Wir erleben die Adventszeit dieses Jahr als eine sehr intensive Zeit, die uns als Gemeinschaft stärkt. Bei aller Dünnhäutigkeit und Müdigkeit, über die wir miteinander sprechen können, überwiegt die Erfahrung, wie hilfreich das Miteinander Leben und Durchtragen ist – das miteinander Teilen im ganz Alltäglichem, im ganz Schlichten und Unscheinbaren..
Am ersten Adventssonntag war zugleich der Beginn des achttägigen Chanukka-Festes. Beides fand seinen Platz. Jeden Abend eine Kerze mehr am Chanukka-Leuchter entzünden, Geschichten hören, miteinander essen, anders als in früheren Jahren mit vielen Gästen sich auf eine/n Gast am Tisch begrenzen und das auch nicht an jedem Tag. Tastem. was möglich ist und eine Form finden, die stimmig ist.
Auch dieses Jahr haben wir den Adventskalender „der andere Advent“ geschenkt bekommen, lesen die Geschichten als einzelne und dann und wann miteinander und kommen darüber ins Gespräch – heute morgen über einen Text der Journalistin Meike Winnemuth, die sich als nicht religiös definiert. Sie schreibt über „was mir heilig ist“. Der Text ist vor einigen Jahren in Israel entstanden nachdem sie bei „wer wird Millionär“ 500 000 Euro gewonnen hat und den Gewinn dafür verwendet hat, ein Jahr lang jeweils einen Monat in einer anderen Stadt (Sydney, Barcelona, Tel Aviv, Havanna …) zu leben und über ihre Begegnungen, Eindrücke und Erfahrungen zu bloggen.
Besonders bewegen uns die Gottesdienste in unserem Wohnzimmer, die wir an den Adventssonntagen gefeiert haben. Eine ganz neue Erfahrung für uns und eine Kraftquelle für die Woche: Das Licht unserer Gottesdienstkerze, die Melodien und die alten Texte, die wir im Austausch miteinander für unsere heutige Situation auslegen und ins Gespräch bringen. Es ist ein ganz unerwartetes Geschenk. Und wie es dazu kam, das steht hier .im letzten Blogeintrag.
Und auch das, was wir aus früheren Jahren kennen, hat Platz: Plätzchen backen, Überlegungen, wie wir den Weihnachtsabend gestalten wollen, Geburtstag feiern …
In den letzten Monaten kamen aufgrund der Situation (Corona) meist drei bis fünf Gäste – sehr selten mal sieben zum traditionellen Samstagsfrühstück. Den Gesprächen hat das nicht geschadet. Sie waren sehr intensiv und sehr persönlich. Meist waren alle an einem Thema dran. Neue Gesichter gab es kaum, was ganz ungewohnt war, denn vor Corona gab es kaum ein Frühstück ohne neue Besucher.
Der letzte Samstag hatte einige Überraschungen für uns bereit: 13 Gäste hatten wir schon lange nicht mehr – zwei kamen das erste Mal zu uns: Eine Pfarrerin, die ein Studien-semester in Berlin verbringt und eine Mitarbeiterin vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst, die unsere WG kennenlernen wollte. Anne und Marc aus den Niederlanden, die zuletzt vor über fünf Jahren in Berlin waren, überraschten uns dann auch noch.
Wir hatten intensive Gespräche, zu zweit, in Kleingruppen oder als ganzer Tisch – unter anderem über die Erfahrung, nach langer Zeit wieder Dostojewski zu lesen. Ganz still wurde es, als Erfahrungen über Exerzitien auf der Straße geteilt wurden. Zwei hatten davon gelesen oder gehört und wollten wissen, was es damit auf sich hat.
Wie sich die Wahrnehmung mit der Zeit verändert hat. Früher wären 13 Gäste eher eine niedrige Zahl gewesen, aber nach den Kontaktmöglichkeiten in den letzten Monaten wurde es als viel empfunden.
Wir begehen die jüdischen Feiertage zum zweiten Mal im Corona-Modus. Mein Beitrag dazu vom letzten Jahr ist leider unverändert aktuell. Deshalb verlinke ich ihn hier, denn es gibt nichts hinzuzufügen. Die Not derer, die kein Zuhause haben, ist nach wie vor groß: Laubhüttenfest in Zeiten von Corona oder von der Verletzlichkeit unseres Lebens
Seit April 2013 ruft die Nachbarbloggerin immer am 5. des Monats zum Tagebuchbloggen auf unter dem Motto „WMDEDGT?“ (kurz und knackig für „Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?“). Manchmal melde ich mich auch hier im Blog zu Wort und das ist jetzt wieder mal eine prima Gelegenheit.
Ich bin der Tisch von der Wohngemeinschaft Naunynstraße. Seit 43 Jahren stehe ich nun schon hier mitten im im Wohnzimmer. Ganz viele Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und aus aller Welt haben sich schon an mir versammelt, gegessen, erzählt, gespielt, gearbeitet, gelacht und geweint … Mit dem Zählen habe ich schon lange aufgehört. Was ich schon alles gehört und erlebt habe, das geht auf keine Kuhhaut hat auf keiner Tischplatte Platz
Und jetzt habe ich Lust, mich an dieser Aktion zu beteiligen. Ich hoffe, das ist o.k. Weil der 5. des Monats auf einen Samstag fällt, wird morgens wieder das offene Samstagsfrühstück der WG stattfinden, das nur ausfällt, wenn Weihnachten oder Sylvester auf einen Samstag fallen. Da kocht der Chefkoch nämlich für ganz viele Leute und hat zu viel Streß, wenn er erst nach dem Samstagsfrühstück anfangen kann. Ja, und dann gab es noch eine einzige Ausnahme, an der ich maßgeblich beteiligt war vor etwas mehr als fünf Jahren, da fiel es auch aus.
Aber am Samstag – ist nämlich seit Corona – immer schon kurz vor 0.00 Uhr hier einiges los. I. ist dann nämlich in New York zugange – virtuell natürlich und so spät oder früh wegen der Zeitverschiebung. Sie nimmt dann am Schabbatg-ttesdienst der Central Synagogue teil – zumindest jetzt seit 1 1/2 Jahren in der Zeit von Corona. Vorher muß dann schon für den Kiddusch am Ende des G-ttesdienstes vorbereitet werden. Und so steht dann auf meiner verlängerten Tischplatte die beiden Schabbatkerzen, die beiden Schabbatbrote, die „Challa“ heißen und ein Becher mit rotem Traubensaft, manchmal auch noch ein Blumenstrauß, wenn wir einen von der Tafel bekommen haben wie hier auf dem Bild.
Weil M., die im Zimmer neben mir wohnt, gerade nicht da ist – sie kocht auf einem Seminar in einem buddhistischen Zentrum – war der Kopfhörer ausgesteckt und die Lautsprecher angestellt. So konnte ich alles mithören (hier). G. war auch ein paar Minuten dabei und fragte am nächsten Tag, ob das hier in den Synagogen auch so abgeht. Es war fröhlich und wurde ganz viel gesungen. Dort sitzen die Leute schon wieder sehr nah zusammen in der Synagoge. So nah sitzt hier niemand am Tisch seit Corona-Beginn.
Unglaublich, von woher sich Leute zugeschaltet haben. Ich konnte das in den Kommentaren mitlesen: Portugal, Luxemburg, Brasilien, Moskau, Australien und wir in Berlin … – also eine weltweite Community. Der Rabbinatsstudent, der gerade Praktikum macht und eine Regenbogenkippa trägt, hat viele Lieder mit einem kurzen Satz eingeführt und auch Gedichte vorgelesen. Es ging darum, daß am Montagabend das jüdische neue Jahr beginnt und der Schabbat so eine Art Crescendo sei.
Von der Ansprache habe ich wenig mitbekommen. Ich war irritiert. Seit längerer Zeit war nämlich Rabbi Hilly wieder mal dran, aber ganz verändert im Aussehen. Ich hatte Hilly als sehr jungenhaften, burschikosen Mann in Erinnerung. So ist er auch auf der Seite der Synagoge zu sehen – mit einem Holzfällerhemd. Jetzt aber: Rabbi Hilly viel weicher von den Gesichtskonturen und etwas unsicherem Auftreten. Mann? Frau? Mann? Frau? dachte ich. Aber die Facebook-Kommentare klärten mich auf: „Rabbi Hilly – I like her sermons. It’s really great“ war da zu lesen. Alles klar – dachte ich: Transition.
Das kenne ich. Wir haben oft Besuch von Leuten aus der LGBT-Community. MM., den ich schon viele Jahre kenne und der während einer Krise mal hier gewohnt hat, hat das auch durch – allerdings in die andere Richtung. Ich weiß also, was Trans-Frauen und Cis-Männer sind. Neulich war er ziemlich geschafft, weil seine Family ihn eigentlich nicht bei der Beerdigung vom Lieblingsonkel dabei haben wollte. Den Schabbat-G-ttesdienst fand ich ziemlich lang mit 1 1/4 Stunden Dauer, aber I. sagt, das sei noch gar nichts. Am Samstagvormittag der G-ttesdienst hier in Deutschland ginge gut und gerne 2 1/2 Stunden oder länger. Jedenfalls gefällt mir der Schluß besonders gut, wenn der Segen über Wein und Brot gesungen wird und sich alle über den Schabbat freuen. Und zusätzlich hört I. dann immer als Schlußlied „Adon Olam“ (Text hebräisch / deutsch) von der spanisch-portugiesischen Synagoge in Montreal auf die Melodie „Sounds of Silence“ von Simon & Garfunkel:
Nachts war es wieder sehr turbulent vor unserem Haus – wie immer am Wochenende, wenn nicht Lockdown ist. Im Erdgeschoß von unserem Haus befindet sich nämlich die Kneipe „Trinkteufel – Tor zur Hölle“ – die heißt wirklich so – und gegenüber ist ein Späti, der die Kundschaft bis in die frühen Morgenstunden mit Alkoholischem Getränken abfüllt versorgt.
Samstagsfrühstück
Um 8.00 Uhr kommen dann die ersten Bewohner um das Samstagsfrühstück (Einladung mit Bild von mir) vorzubereiten: Tisch decken, Kaffee und Tee kochen, Marmeladen, Käse, Aufstriche aus dem Kühlschrank holen, Quarkspeise zubereiten – dieses Mal mit Johannesbeeren, Birnen und Schokoraspeln. Zwischen halb zehn und halb eins ist dann immer ein Kommen und Gehen. Jetzt während Corona kommen weniger Leute, aber vorher waren zwanzig bis fünfundzwanzig Gäste während dieser Zeit nichts Ungewöhnliches. Die Gespräche gehen um G-tt und die Welt. Einige Themen – sicher nicht alle – habe ich noch in Erinnerung: Trans- und Intersexualität und warum Lesben sich von Transfrauen dominiert erleben, welche selbstverwalteten Orte durch Corona beendet wurden (Cafe positiv für HIV Positive und ihre Freunde, Cafe Seidenfaden …), Erfahrungen mit Paketbetrug und Internet-Kriminalität, ob und wie der Holocaust in der Schule thematisiert wurde, Umgang mit Schuld und Schuldgefühlen, Situation in Afghanistan, Unteilbar-Demo, Pater Gregor fliegt am Montag in den Südsudan zurück und lädt zu seinem Abschiedsfest ein … Ich war richtig geschafft am Ende.
G. mußte dann um halb drei alleine zur Tafel von den Schwestern von Mutter Teresa gehen und brachte viele gute Sachen mit: Obst, Gemüse und Milchprodukte. Schwester Ma-ri-hu-ana (running Gag) Myrionia ließ ausrichten, daß wir uns später noch mal melden sollen, weil noch Sachen von Edeka erwartet werden, die sie nach dem Wochenende nicht mehr verkaufen können. Außerdem hat sie für M, unseren grünen Daumen, noch einige Pflanzen.
M. mußte dann im Computer neben mir herausfinden, wie er am besten nach L. kommt: Ein kleiner Ort in der Nähe von Rostock. Mitbewohner N. hat dort in den letzten Tagen gearbeitet und kommt wegen dem Bahnstreik nicht weg. Deswegen soll M. ihn und seinen Chef abholen und macht sich auf den Weg. Der Chef darf nämlich derzeit nicht Auto fahren. Ich sage nur: Alkohol am Steuer …
Gegen fünf Uhr kommt der Chefkoch runter und bereitet das Abendessen vor – das erste Mal seit Tagen, daß er wieder kocht. Er hat großen Kummer. Um sechs Uhr gab es dann Abendessen: Ofengemüse, Hähnchenschenkel und zum Nachtisch Melonenscheiben.
Später rief dann M. aus R. an. Er war schon öfter bei uns zu Besuch. Er war wieder einige Wochen in der Psychiatrie und möchte gern wieder bei uns mitleben. Im betreuten Wohnen bekommt er Taschengeld und das spart er für die Fahrkarte zu uns. Weil man unser Telefon auf laut stellen kann, konnte ich das alles mithören.
Ansonsten war H. noch da. Er wohnt in der Nachbarschaft und hat in Brandenburg einen Garten mit vielen Obstbäumen. Er läßt uns immer an seiner Obsternte teilhaben. Heute hatte er Lorbeerblätter dabei. Eigentlich ist er im Moment mit uns zerkracht und erzählt überall herum, daß er bei uns rausgeschmissen worden ist. Was nicht stimmt. Ich habe es mitbekommen. Er kam unmöglich früh und M. war gerade am Kofferpacken für das buddhistische Seminar und wollte noch ihr Zimmer aufräumen und sauber machen. Deshalb hat sie ihm gesagt, daß in einer Stunde Frühstück ist (unter der Woche) und er dann gern dazu kommen kann. Das hat er übel genommen. Doch jetzt besteht Hoffnung, daß wir doch noch Pfirsiche und gelbe Pflaumen bekommen. Die gelbe-Pflaumen-mit-Tonkabohnen-Marmelade ist ein Gedicht …
Marmeladenregal
Dann gab es noch eine traurige Nachricht: Schrotti, ein Freund von Mitbewohner M. ist verstorben. Er wohnte viele Jahre in einer Wagenburg in unserer Nähe und hat die letzte Zeit in einem Pflegeheim im Prenzlauer Berg verbracht. Auf mir wurde eine Kerze aufgestellt und angezündet wie wir das immer machen wenn eine Todesnachricht eintrifft oder wir einen Todestag begehen.
Hier kann man nachlesen, was andere über ihren 5. September geschrieben haben.
Nachtrag: Und erst Stunden nach der Veröffentlichung ist mir aufgefallen, dass Samstag ja der 4. September war und nicht der 5.
Gestern ist Werner Jäger, ein langjähriger Freund unserer Gemeinschaft, an den Folgen seiner Krebserkrankung verstorben. Mehr als zehn Jahre hat er uns besucht, seit dem Tod seiner Lebensgefährtin Ingrid zwei bis drei Mal die Woche.
Werner war seine eigene private Tafel-Organisation. Er hat Lebensmittel, die abgelaufen waren, von Geschäften in seiner Umgebung abgeholt und verteilt. Sich selber nannte er „Weitergeber – Ich bin Werner, der Weitergeber. Ich brauche ja nur ganz wenig. Neunzig Prozent gebe ich weiter“.
Sein Blaumann war sein Markenzeichen. Nur bei der Beerdigung seiner Lebensgefährtin Ingrid trug er einen Anzug. Er begrüßte uns immer mit „hallö-öchen“ (langes Ö) und verabschiedete sich mit einem „Tschau-i-i) (ganz langes I). Wenn irgendetwas besonders wichtig war und besonders unterstrichen werden sollte, wurde ein „HÖMMA“ eingeschoben, was besonders unsere migrantischen Mitbewohner irritierte bis sie herausfanden, daß es „hör mal“ bedeutete.
Die letzten drei Wochen nach seinem Krankenhausaufenthalt konnte er im Lazarus-Hospiz verbringen. Dort hat er sich sehr wohl und gut aufgehoben gefühlt. Wir sind dankbar für diese Zeit und wissen es zu schätzen, daß dort – auch in Corona-Zeiten – rund um die Uhr Besuche möglich sind.
Ein Besuch erfuhr am gleichen Tag vom positiven Ergebnis eines Schnelltests. So haben wir das Ergebnis des PCR-Tests abgewartet und uns in Quarantäne zurückgezogen. Das was-wäre-wenn-Fragenkarussell war unter uns sehr präsent.
Als wir dann recht schnell – einen Tag später – vom negativen Ergebnis des PCR-Tests erfuhren, waren wir sehr erleichtert.