
Mahnwache vor dem Abschiebegefängnis Berlin-Grünau (Foto: Ana Sophia Augustin)
An Christians Geburtstag vor einigen Tagen und in der Karwoche habe ich mich immer wieder an die von ihm organisierten Mahnwachen vor dem Abschiebegefängnis (heute nennt es die offizielle Sprachregelung „Flughafengewahrsam“) erinnert.
Die Gruppe „Ordensleute gegen Ausgrenzung“ deren Mit-Begründer Christian war, hat seit 1995 immer am Karfreitag und am 3. Oktober zu Mahnwachen vor dem Abschiebeknast – erst in Grünau später auf dem Flughafengelände Schönefeld – eingeladen.
Ich war zum ersten Mal am Karfreitag 2014 in Berlin-Grünau dabei. Wir waren so um die 50 Menschen. Neben den einladenden „Ordensleuten gegen Ausgrenzung“ waren Mitbewohner und Freunde der Wohngemeinschaft dabei, Arbeitergeschwister sowie BegleiterINNEN von
Exerzitien auf der Straße und junge Menschen, die sich gerade im Rahmen einer Vorbereitungswoche auf ihren Einsatz als „Missionare auf Zeit“ in fernen Ländern vorbereiteten und Orte der Armut und Ausgrenzung in den Blick nehmen sollten.
Christian hatte das Treffen mit dem Seelsorger, der im Abschiebegewahrsam tätig war, abgestimmt. Die Gefangenen wußten von unserer Anwesenheit. In einem liturgischen Rahmen gab es vor dem Gefängnis Impulse, Statements, Lieder, Fürbitten und Symbole. Ich erinnere mich noch an Christians Impuls. Für ihn war die Sichtweise wichtig, daß dieses Gefängnis ein Tabernakel sei, in dem Christus gegenwärtig sei. In deutlichen Worten benannte er es als Unrecht, daß Menschen, weil sie aufgrund ihrer Lebensbedingungen ihr Land verlassen haben, kriminalisiert werden. Die umstehenden Polizisten schrieben eifrig mit.
Christian hatte das schon deutlich in der Einladung zum Ausdruck gebracht:
Wir erwarten eine Ausreisegruppe von jungen Menschen, die als Missionarinnen auf Zeit (MAZ), die sich also auf ein Jahr hinter der Mauer, die um Europa aufgebaut ist, vorbereiten und die wir an der Gefängnismauer berühren können, denn die Gefangenen hinter ihr sollen aus Europa geflogen werden. Sie zu besuchen ist die erste reale Ausreiseübung. Herzliche Einladung mit ihnen vor dieser Mauer zu stehen in Solidarität mit den Gefangenen, denen ohne eine Straftat die Freiheit, die der Staat schützen soll, genommen wird.
Zeitgleich zu unserem Ritual lud der Gefängnisseelsorger die Gefangenen in der Abschiebehaft zu einem Gottesdienst ein. Da das Fenster in unsere Richtung ging, konnten wir sie singen hören.
Anschließend konnten durch die Vermittlung des Gefängnisseelsorgers einige von uns die Gefangenen besuchen, die das wünschten, ihnen zuhören und Tabak, Schokolade und Telefonkarten mitbringen.
Als das Abschiebegefängnis auf das Gelände des Flughafens Berlin-Schönefeld verlegt wurde, hat die Betriebsgesellschaft getragen vom Bund, Land Brandenburg und Berlin die Mahnwachen untersagt. Christian hat sich dagegen gewehrt und sich bis zum Bundesverfassungsgericht durchgeklagt und Recht bekommen. Das kann man im FREITAG
hier nachlesen.
Wer von den Mitlesenden ein Erinnerungsfotos beitragen möchte, ist eingeladen es mit einem kurzen oder längeren Text zu schicken.
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