Schutzraum voller Herzlichkeit …

…  ist der Artikel von Andrea von Fournier überschrieben, den der „Tag des Herrn“ in seiner Ausgabe vom 14. Mai 2023 über unsere WG veröffentlicht hat:

Geschenk eines ehemaligen Mitbewohners: Seidenmalerei Synagoge – Kirche – Moschee im Flur der WG

Hier finden Ausgegrenzte, Verfolgte, Flüchtlinge und Menschen in Not einen Ort der Geborgenheit: Die Berliner Wohngemeinschaft Naunynstraße wurde vor 40 Jahren von drei Jesuiten gegründet.

Mitten im dicht bebauten, turbulenten und multikulturellen Stadtteil Berlin-Kreuzberg, unweit des U-Bahnhofs Kottbuser Tor, liegt die Naunynstraße. Die Wohnquartiere sind nicht nur optisch gemischt, es gibt sanierte, schicke Altbauwohnungen, Lückenbauten neueren Datums und einfache Wohnungen in jahrzehntelang kaum renovierten Häusern. Hier befindet sich hinter einer bunt bemalten Eingangstür, auf deren Klingelschild „WG Herwartz“ steht, eine besondere Wohngemeinschaft (WG). Die Wohnungstür ist bereits angelehnt, niemand steht dort, doch von innen dringen Gesprächsund Lachfetzen. Gleich links in der Küche kochen zwei fleißige Frauen Eier und füllen Kaffee um. „Hallo, wir duzen uns hier alle!“, stellt sich Iris*, die Leiterin der WG, vor. Sie wechselt mit Marga und Selda ein paar Worte, teilt mit, wie viele Gäste inzwischen im Wohnzimmer am Tisch sitzen, damit Kaffee- oder Teenachschub geplant werden können.

Seit 40 Jahren gibt es das Angebot „Offenes Samstagsfrühstück“ in der Naunynstraße 60. Nie wissen die Bewohner und Helfer der WG, wie viele Mitbewohner, Freunde, Leute aus der Nachbarschaft, Menschen von der Straße, Bekannte und Unbekannte, diesmal am langen Tisch im Wohnzimmer essen und trinken, reden, lachen, singen oder weinen werden. Rechnet man mit zirka 2000 Treffen in den letzten Jahrzehnten, haben die „Naunyns“ inzwischen eine Kleinstadt in ihren bescheidenen Wänden empfangen. „Das Samstagsfrühstück ist eine feste Einrichtung und uns ganz wichtig“, erklärt Iris, die seit 2015 in der WG lebt und 2016 deren Leitung übernahm.

„Gottesdienst am Küchentisch“

Die Gründungsväter der Wohngemeinschaft waren Christian Herwartz († 2022), Franz Keller († 2014) und Michael Walzer († 1986). Die drei Jesuiten nahmen 1978 im damals noch geteilten Berlin Arbeit als Lagerarbeiter, Dreher oder Küchenhilfe auf und gründeten etwas später die WG. „Mitten in dem vom Abriss bedrohten Kreuzberg, zwischen Menschen, die vor allem aus der Türkei, aber auch aus vielen andern Ländern kamen, gründeten wir eine Kommunität, die im Laufe ihrer Geschichte viele Menschen angezogen hat. Regelmäßig tauschten sie sich über ihren Alltag, die Arbeit und die Kontakte im Stadtteil aus und feierten anschließend miteinander ‚Gottesdienst am Küchentisch‘. Später kamen Menschen aus dem Gefängnis oder auf der Flucht aus dem Ausland in die Kommunität. Sie brachten ihre Verzweiflung, ihre Krankheiten und Süchte mit…“, beschrieb Christian Herwartz die Situation.

Aus der Arbeit der drei Ordensmänner, ihren täglichen Begegnungen auf der Straße, den Erfahrungen eines weiteren jungen Jesuiten, der mit in die WG zog, erwuchsen neue Aktivitäten, manche temporär, manche bis heute praktiziert: beispielsweise die bis zur Pandemie gehaltenen Mahnwachen vor der Abschiebehaft, die „Exerzitien auf der Straße“ oder das „Offene Samstagsfrühstück“.

Wie vor 40 Jahren stehen in den Zimmern der inzwischen drei Wohnungen mehrere Betten. Die Bewohner wechseln, zehn und oder mehr Menschen leben hier. Die WG versteht sich als Schutzraum, Zuflucht für Menschen, die unterschiedliche Sorgen und Nöte haben, Bedrohung, Abschiebung und Verfolgung befürchten oder aus anderen Gründen einen sicheren Ort brauchen: einen warmen Raum, ein Bett und etwas zu essen.

Kurzzeitig stand das Weiterbestehen der Wohngemeinschaft, die der Jesuitenorden in Berlin von Anfang an unterstützte und finanzierte, auf der Kippe. „Ein Glück, dass sie weiterhin für unsere Miete aufkommen“, sagt Iris erleichtert. Die laufenden Kosten tragen Freunde, Spender und die Bewohner aus unterschiedlichen Quellen selbst, jeder wie er kann.

Bunte Mischung am Frühstückstisch

Für das Frühstück lässt mancher Geld da, andere bringen Naturalien mit. Letzteres ist gewollt, schließlich wird das Essen geteilt. Aber nicht nur der Tisch ist heute, wie immer, bunt gedeckt – auch die Teilnehmer sind eine bunte Mischung: Iris entschuldigt Roy. Ihn lernten die WG-Bewohner durch das interreligiöse Friedensgebet, dessen Mitinitiator er ist, kennen. Seitdem ist er Freund und Begleiter, geht in der Naunynstraße ein und aus, doch heute ist das hinduistische Neujahrsfest. Das feiert der über 80-Jährige mit anderen Hindus. Jens aus Leipzig wird angekündigt. Er schaut vierteljährlich vorbei und will unbedingt noch den Osterbrunnen sehen, den die WG gestaltet hat. Sarah lebt seit 35 Jahren in der Nachbarschaft und gehört seit 2005 zu den Frühstücksbesuchern. Die meisten kennen sie, die aus ihrem Werdegang keinen Hehl macht: „Ich kenne die Uni und die Straße, ich habe ganz oben und ganz unten gelebt.“ Stephanus diskutiert mit seiner Nachbarin. Der Berliner hat eine Familie und eine Wohnung, doch nun lebt er für zwei Wochen mit den Menschen in der WG. „Weil ich das schon immer wollte!“, erklärt der Architekt. Diese Art des Zusammenlebens sei für ihn gelebte Utopie, die er von Christian Herwartz kennt und schätzt. Er hat auch Faten mitgebracht, die spontan beim Aufhängen der Ostereier geholfen hat und sich in diesem Kreis gut fühlt.

Marga und Selda leben zurzeit in den Zimmern der WG. Diese sind einfach eingerichtet. Mancher kommt nur mit dem, was er am Leib trägt. Zum Glück gebe es Kontakte zu einer Kleiderkammer, wo man für diese Mitbewohner auch „ohne Schein einer Behörde“ etwas zum Anziehen bekommen könne. Wer warum oder wie lange bleibt? „Wir fragen hier nicht viel, nur das Notwendigste“, erklärt Iris. So könnten die Neuen in Ruhe und Freiheit selbst entscheiden, was sie von sich preisgeben wollen. Gastfreundschaft, Geschwisterlichkeit, sich gegenseitig zu begleiten, sei das Wichtigste.

Im Lauf der Jahre sah sich die Leiterin häufig handfesten Problemen gegenüber. Egal, ob es Sorgen mit den Bewohnern gebe, die Polizei vor der Tür stehe, jemand dringend ärztliche Hilfe brauche und nicht versichert sei oder eine alte Sucht erneut aufbreche. Sie musste entscheiden, was zu tun ist und das manchmal sofort. Diese Aufgabe nimmt sie bis heute ernst und füllt sie aus.

Vielfalt der WG wird im Internet dokumentiert

Jedem WG-Bewohner steht es frei, seine religiöse Praxis einzubringen. Feiern des Schabbats gibt es hier genauso wie Gottesdienste oder das muslimische Fastenbrechen. Iris ist immer wieder aufs Neue begeistert vom unglaublichen Reichtum an Kulturen, Sprachen, Erfahrungen und Spiritualität in der WG. Ständig begleitet sie deren Alltag mit einen umfangreichen Blog (Internet- Tagebuch), damit aktuelle Aktionen bekannt gemacht und um Unterstützer und Unterstützung geworben werden könne.

Dass es Menschen in dieser Zelle der Gastfreundschaft und Mitmenschlichkeit gut gehabt haben, beweisen manchmal Geschenke, die sie, oft später, machen. Ein Beispiel dafür ist ein Kunstwerk im Flur, auf dem die Weltreligionen friedlich in einem großen Haus nebeneinander dargestellt sind – ganz so wie in der Wohngemeinschaft Naunynstraße.

Geschenk eines ehemaligen Mitbewohners: Seidenmalerei Synagoge – Kirche – Moschee im Flur der WG

Artikel zu unserem Osterbrunnen: Lebenssymbol mitten in Berlin

Hier nun der im letzten Blog-Eintrag versprochene Text des Zeitungsartikels von Andrea Fournier im „Tag des Herrn“ vom 23. April 2023:

Ausriß Artikel über Osterbrunnen

Den ersten „Osterbrunnen“ der Hauptstadt schenkte die Wohngemeinschaft Naunynstraße in Kreuzberg kürzlich den Berlinerinnen und Berlinern und ihren Gästen an der katholischen St. Marien-Liebfrauenkirche in der Wrangelstraße. Deren Fassade war restauriert worden und der Brunnen in der Mitte auf dem vom dreiflügligen Gebäude umschlossene Platz erschien Betrachtern nun völlig neu. „Er rief: „Ich möchte ein Osterbrunnen werden!“, schreibt Iris, Leiterin der interkulturellen und interreligiösen Wohngemeinschaft. Und sie trug die Idee zu ihren MitbewohnerInnen, Unterstützern
und Freunden.

Gemeinsam handelten sie ab Oktober in einer konzertierten Aktion, um den Brunnen
am Karsamstag festlich schmücken zu können. Osterbrunnen sind in dieser Region eher unbekannt. Als Iris in der Woche nach Ostern den Brunnen aufsuchte um zu sehen, ob alles noch an Ort und Stelle hängt und in Ordnung ist, traf sie unter anderem eine begeisterte Fränkin, die ihr erzählte,dass Osterbrunnen in ihrer Heimatregion sehr verbreitet seien und sie sich freue, auch in Berlin auf einen solchen zu treffen.

Die etwa 450 bemalten Eier werden an dem großen Steinbrunnen durch
eine grüne Buchsbaumgirlande zusammengehalten und hervorgehoben. Erst wer sich dicht an das Bauwerk begibt, kann die künstlerisch verzierten Eier genau bewundern: Sie sind Ergebnis eines christlich-muslimisch-jüdisch-buddhistischen Gemeinschafts-werks. Iris erklärt, dass unzählig viele Unterstützer für Farben, Eier und Bastelmaterial mitgesorgt haben. Die BewohnerInnen der WG selbst wären dazu nicht in der Lage gewesen.

Doch sie gaben ihre Zeit, Kreativität und Herzblut daran,die weißen und braunen Eier in 15 verschiedenen Dekorations- und Färbetechniken zu verzieren. So sieht man einfarbige gefärbte, marmorierte oder mit verschiedenen Motiven bemalte Eier, prunkvoll goldenes Dekor auf schwarzem Grund leuchten, in die Oberfläche gekratzte Motive, in Serviettentechnik verzierte und vielfältig beklebte Eierschalen. Letzteres hat beispielsweise Iris mit Krepppapier getan: „Zum Schluss mussten alle Eier mit ausreichend Fixierer eingesprüht werden und „ich war gespannt, ob der Krepp das Wetter überstehen würde“. Das haben alle Eier bisher, obgleich es in der Stadt gerade viel regnet.

Und noch eines erfreut die Erschaffer des Osterbrunnens: Dass bisher weder Diebstahl noch Vandalismus zu Verlusten führte. Als die Initiatoren ihre Idee verbreiteten, wurden sie mehrfach davor gewarnt. Denn der Kiez um die Wrangelstraße ist schon ein
besonderer, in dem viele Menschen mit Drogenproblemen und Aggressionen leben. „Wir riskieren das!“, beschlossen die Eier-Malenden. Nach dem Sortieren und „festen Vertäuen“ an der Girlande kamen in Eier zum Brunnen. Man müsste schon ziemlich hoch steigen, um die Eier-Girlande von ihrem Sockel zu heben. Über die Aufhängung müssen die Naunyns und ihre Freunde jetzt noch lachen: Fatem stieg mutig nach oben und drapierte alles mit Leichtigkeit. Sie ist Tänzerin und hat bereits signalisiert, auch beim Abbau mitzuhelfen.

Wie Stephanus, der beim Aufbau nur kurz dabei sein wollte. Drei Stunden Arbeit waren es am Ende, er war zufrieden. „Im nächsten Jahr mindestens 1000 Eier?“, fragt beim Frühstück eine Frau, die jetzt 22 Eier gestaltet hat. Da halten sich die WG-Bewohne- rInnen noch zurück. Mal sehen, ob aus diesem Jahr etwas hinübergerettet werden kann, ob „Künstler“ aus der Kirchengemeinde mitmachen, wie die Unterstützung dafür aussieht. Aber in den Köpfen wabert es schon mal…

Info: Wer den Osterbrunnen sehen möchte, kann das zur Zeit noch in der Wrangelstraße 50 in 10997 Berlin. Die Eiergirlande soll den Brunnen so lange wie möglich schmücken, angepeilt ist das Pfingstfest. 

Andrea Fournier

Auf der Terminseite steht, wie lange der Osterbrunnen besichtigt werden kann.

Die anderen Blogeinträge zum Osterbrunnen sind hier chronologischgesammelt mit vielen Bildern zum Anschauen und Freuen.

Die gleiche Autorin hat in der Ausgabe vom 14. Mai 2023 einen Artikel über unsere WG veröffentlicht: Schutzraum voller Herzlichkeit

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Lebenssymbol mitten in Berlin …

… ist ein Artikel im Regionalteil Berlin der wöchentlich erscheinenden katholischen Kirchenzeitung „Tag des Herrn“ überschrieben, der den 1. Berliner Osterbrunnen vorstellt:

Artikel im „Tag des Herrn“

Der Artikel ist nicht online verfügbar. Der Text wird in einigen Tagen hier im Blog nachgereicht – und steht jetzt  hier..

Mehr zum 1. Berliner Osterbrunnen

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Weihnachten im Knast

Vor ein paar Wochen rief Jörg Machel an, der über 30 Jahre Pfarrer in Kreuzberg war. Für eine Sendung bei Deutschlandfunk Kultur sucht er Menschen, die über ihre Erfahrungen mit „Weihnachten im Knast“ mit ihm sprechen und vielleicht an dem Beitrag mitwirken würden. Ob nicht der eine oder andere (Ex-)Mitbewohner dazu bereit wäre, sich mit ihm zu treffen?

Ein ehemaliger Mitbewohner, der zehn Jahre in unserer WG gelebt hat, war dazu bereit. Er ist ziemlich am Anfang des Beitrags zu hören, und am Schluß erzählt er vom ersten Weihnachtsfest, das er in unserer Wohngemeinschaft erlebt hat. Die Sendung ist 18 Minuten lang und kann hier gehört werden.

Im Juni hat Jörg Machel bereits einen 4minütigen Beitrag über unser offenes Samstagsfrühstück gemacht: Wenn die Tür besonders weit offen steht. 
Sein Nachruf über „Christian Herwartz – ein Leben jenseits der Komfortzone“ steht hier.

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Wenn es hakt, dann richtig … – Telefonturbulenzen

Vor drei Jahren waren wir schon mal länger offline, vom 30 Oktober bis 19. Dezember und machen diese Erfahrung jetzt wieder. 

Versehentlich wurde unser Festnetzanschluß – und damit verbunden unser Internet-Zugang abgemeldet. Der Zuständige für Nachlaßangelegenheiten bei den Jesuiten meinte, es handle sich um einen Handyvertrag von Christian und der könne gekündigt werden. So geschah es dann auch.

Wir wollen die alte, vielen Menschen bekannte Telefonnummer behalten. Unser Provider ist verständnisvoll, doch trotzdem – wir verstehen nicht warum – soll uns ein neuer Router zugeschickt werden.

Und daran hängt die Sache, genauer gesagt am beauftragten Paketdienst. Der geht mit G an und mit L weiter. Danach folgt ein S. Letzten Freitag kam dann der Paketbote mit dem erwarteten Paket. Er sprach nur rudimentär deutsch. Mit den vorhandenen Sprachkenntnissen (sieben waren zum fraglichen Zeitpunkt im Repertoire der Anwesenden, aber leider keine osteuropäische) kamen wir nicht weiter. Der Paketbote weigerte sich, das Paket bei uns zu lassen. Er würde es nur Christian Herwartz persönlich übergeben. Eine für uns neue Erfahrung, denn bei uns als Wohngemein-schaft werden viele Pakete für alle möglichen Leute im Haus abgegeben.

Der Anruf bei der Hotline ergab, daß das ja gar nicht ginge. Wenn jemand in der Wohnung sei, der für den Erhalt unterschreibe, dann sei das kein Problem. Das Paket würde am Montag zugestellt, wann, das könne man nicht sagen. Der Montag kam und verging, aber ein Paket wurde nicht zugestellt. Durchgehend waren mehrere Personen in der WG – sogar einige Besucher kamen. Aber kein Paketbote klingelte.

Der Sendestatus – durch ein Smartphone abgerufen – besagte, dass ein Zustellungsversuch erfolglos gewesen sei, weil niemand angetroffen worden sei.

Wieder Anruf bei der Hotline. Gleiches Prodzedere wie beim letzten Anruf. Das Paket geht morgen – also Mittwoch – nochmals raus. Auch am Mittwoch waren wir durchgehend in der Wohnung, aber kein Paket kam.

Der Sendestatus im Internet ließ uns wieder wissen, daß niemand angetroffen worden sei. Zur fraglichen Zeit, die ja auf die Minute genau angegeben wird, war ich mit unserem Nachbarn Johannes in der Küche und schälte Äpfel für einen Münchener Apfelstrudel.

Erneuter Anruf bei der Hotline. Wieder eine sehr freundliche Mitarbeiterin. Ich schildere den Sachverhalt. Sie sagt, daß nach zwei vergeblichen Zustellungsversuchen das Paket wieder zurückgeschickt wird. Sie könne sich um ein drittes Mal bemühen, aber das sei reine Kulanzsache vom Paketzentrum, auf die sie keinen Einfluß hätte. Sie würde meine Schilderung weitergeben und hofft, daß das ausreicht. Ich möge am Donnerstag wieder gegen 10.00 Uhr anrufen. Dann hätten sie die neuen Daten und könnten sagen, ob es rausgegangen sei.

Auch am Donnerstag 22. September gegen zehn Uhr die Nummer der Hotline gewählt. Schließlich ist eine Warteschlange zu absolvieren. Ich lande gleich auf Position 14. So weit vorne war ich noch nie am Start. Auch heute ein sehr netter und verständnisvoller Mitarbeiter am Telefon. Das Paket würde heute noch nicht rausgehen, sei aber für morgen vorgesehen. Da bis jetzt immer um 13.00 Uhr herum zugestellt worden sei, … aber sicher sei da nichts von der Uhrzeit her. Zumindest heute bräuchte ich heute nicht zu warten. 

Immerhin etwas. Er wünscht mir, daß es morgen endlich klappt – und ich mir auch.

Denn bevor der Telefonanbieter nicht die Rückmeldung hat, daß wir den neuen Router haben, passiert nix.

Fortsetzung folgt – leider !!! Und  so ging es weiter.

Mehr zu unseren Telefon-Turbulenz-Erfahrungen steht hier

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die Basisgemeinde – Tischlerei und Nächstenliebe

Mit der Basisgemeinde Wulfshagenerhütten sind wir seit vielen Jahren befreundet. Auf ihrer Website schreiben sie über die Grundlage ihres Zusammenlebens:

„Ein Kennzeichen dieser neuen Lebenskultur des Friedens ist, dass wir miteinander teilen; dass wir aus unserer Kultur des Raubens, des Privatbesitzes umkehren in die Lebenskultur des Miteinanderteilens, des Schenkens und des Sich-Verschenkens…“

Die Gemeinschaft ist in der Nähe von Kiel und hat eine Außenstelle in Berlin Prenzlauer Berg , Dort führen die Mitglieder eine KiTa mit 16 Plätzen und engagieren sich im Kiezladen Zusammenhalt. Der NDR war eine Woche in Wulfshagenerhütten zu Gast. Daraus sind zwei Sendungen entstanden. 

In der Ankündigung des Fernsehbeitrags heißt es:

Etwa 50 Menschen leben hier: Erwachsene, Kinder, Familien, Singles, Männer, Frauen. Die Tischlerei ist das wirtschaftliche Herzstück der Basisgemeinde. Pastorin Annette Behnken interessiert, ob es wirklich möglich ist, einen Betrieb zu führen, der christliche Grundsätze beherzigt und zugleich wirtschaftlich arbeitet.

Der erste halbstündige Beitrag wurde letzten Sonntag ausgestrahlt und ist in der Mediathek des NDR hier zu finden.

Am 11. September um 16.00 h wird dann die zweite Folge ausgestrahlt: die Basisgemeinde – Kloster oder Kommune

Zum Weiterlesen:
Website der Basisgemeinde Wulfshagener Hütten

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Wenn die Tür besonders weit offen steht …

Samstagsfrühstück: der Tisch ist gedeckt

Diese Woche ist das Rahmenthema der täglichen Morgenandacht im Deutschland-funk um 6.30 Uhr „Gemeinschaft“. Heute erzählt Jörg Machel, der über 30 Jahre Pfarrer in unserer Nachbarschaft war, von seinen Begegnungen bei unserem Samstagsfrühstück. Der Beitrag ist vier Minuten lang und kann hier gehört und gelesen werden.

Nachtrag: Heute gab es besonders viele Zugriffe auf das Weblog. Wir sind gespannt, ob am Samstag neue Frühstücksgäste kommen.

Zum Weiterlesen:
Nachruf auf Christian Herwartz von Jörg Machel: An eurer Seite: Ein Leben jenseits der Komfortzone
Mehr von den Samstagsfrühstückstreffen

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An eurer Seite: Christian Herwartz – ein Leben jenseits der Komfortzone

ein Nachruf von Jörg Machel

Jesus war Schreiner wie auch sein Vater, viele seiner Weggefährten waren Fischer. Die ersten Christen würde man heute wohl eine Graswurzelbewegung nennen. Das religiöse Establishment misstraute ihnen. Seit die Kirche auf die Seite der Macht gewechselt ist, hat sie den Kontakt zur Arbeiterschaft verloren. So sah das mein Onkel. Der war ein sehr selbstbewusster VW-Arbeiter. Und mit der Kirche hatte er schon früh gebrochen. Die paktiert mit denen da oben, nicht mit uns. Meinte mein Onkel.

Christian Herwartz hätte meinen Onkel verstanden. Ja, so hat er die Kirche auch erlebt, egal ob katholisch oder evangelisch, weit weg von der Welt der Arbeiterklasse. Der Begriff klingt heute altmodisch. Aber in den sechziger, siebziger Jahren gab es noch die Rede vom „Klassenbewusstsein“. Da stand mein Onkel am Band. Und Christian Herwartz wurde Arbeiter-Priester. Missionar im Sinne dessen, was mein Onkel befürchtete, war Christian nicht. Seine Mission war es, verstehen zu wollen. Christian Herwartz wollte das Leben der Menschen teilen, im Betrieb und auf der Straße.

Sein Vater war U-Bootkapitän, später Offizier der Bundeswehr. Seine Kindheit war durch ständige Umzüge geprägt. In keiner Schule war er lange genug, um sich einzuleben, immer neue Klassenkameraden, neue Lehrer, neue Lernstoffe. Nur schnell raus aus der Schule. Das Maschinenbaupraktikum in Kiel gefiel ihm. Unter den Werftarbeitern fühlte sich Christian wohl. Von dort wechselte er zur Bundeswehr. Dann aber entschied er sich, das Abitur nachzuholen, auf dem Collegium Marianum in Neuss. Christian entdeckte seine Liebe – die Gemeinschaft der Jesuiten. Denen trat er bei, studierte Theologie und Philosophie und wurde Priester.

Die Achtundsechziger brachten eine Aufbruchszeit, auch bei den Jesuiten. Das Zweite Vatikanum ließ Hoffnungen keimen. Er ging nach Frankreich, dort gab es die Bewegung der Arbeiterpriester. Sie entstand in der Zeit der Resistance, als Priester sich solidarisch und unerkannt an die Seite der Zwangsarbeiter stellten. Eine Konsequenz für Christian war es, den Kriegsdienst nun doch noch zu verweigern. Er ließ sich von der Theologie der Befreiung inspirieren: der Ansatz, die Menschen nicht zu belehren, sondern ihnen zuzuhören, war genau das, was er wollte. Wie gestaltet sich euer Leben? Woran liegt es, dass euch die gute Botschaft von Jesus Christus nicht erreicht? Welche Fragen, welche Sorgen bewegen euch? Was kann ich von euch lernen?

Und Christian hat gelernt. Zunächst an der Werkbank. Er wurde in Frankreich Dreher, später sogar Ausbilder an einer hochmodernen Maschine aus Deutschland. Doch er war auch Gewerkschafter, sympathisierte mit den französischen Kommunisten. Die vertraten für Christian die Interessen der Arbeiterschaft am konsequentesten.

Die Zeit in Frankreich hat Christian Herwartz geprägt und blieb ihm immer präsent. Nach seiner Priesterweihe 1976 zog er nach Berlin, begann dort als Lagerarbeiter und Dreher. Er wohnte nicht in der komfortablen Unterkunft der Jesuiten am Lietzensee, sondern im Arbeiterwohnheim, zusammen mit vielen ausländischen Arbeitnehmern. Man kannte Christian im Betrieb als engagierten Gewerkschafter, nur wenige wussten, dass er ein Studierter war. Einige, die es wussten, misstrauten ihm. Für sie war er nicht als ein „Priester“, der sich im Blaumann versteckt. Manche Ordensbrüder hingegen sahen in ihm einen „Kommunisten“ unter der Soutane.

Als es bei einer Protestaktion vor den Werkstoren mal wieder zur Sache ging, die Polizei sich einem türkischen Kollegen gegenüber fremdenfeindlich äußerte: da ging Christian dazwischen. Wahrscheinlich auch mit Leidenschaft und Lautstärke. Es gab eine Anzeige, Christian Herwartz wurde verurteilt zu einer Geldstrafe. Er zahlte nicht. Das Angebot der Gewerkschaft, die Schuld zu übernehmen, nahm er nicht an. Es folgten zwei Wochen Gefängnis. Christian lachte, als er sich von den türkischen Freunden vor dem Gefängnistor verabschiedete. Sie verliehen ihm am Eingang des Tores den Titel „Löwe der Gerechtigkeit“.

 Hier gehörte er jetzt hin, zu den Ausgestoßenen, den Knackis. Christian Herwartz deshalb für einen Menschen zu halten, der das Martyrium suchte, wäre allerdings falsch. Er fand nur, dass man sich bei Anfeindungen nicht wegducken sollte. Und dass ihm sein Weg in den Knast eine Möglichkeit bot: eine fremde Welt kennenzulernen, die er sonst nur aus Erzählungen oder durch Besuche kannte.

In den achtziger Jahren suchte Christian Herwartz die Nähe zu den Angehörigen der RAF-Gefangenen. Mit ihnen diskutierte er die Haftbedingungen und setzte sich für eine menschliche Behandlung ein. Er erfuhr von Übergriffen auf vermeintliche Sympathisanten. Und sah doch eigentlich nur Familienangehörige, die den Terror zwar verurteilten, ihre Lieben aber nicht im Stich lassen wollten. Auch mit diesem Engagement machte er sich nicht nur Freunde innerhalb seines Ordens. Es gab da ja auch solche, die aus Familien kamen, die unter Morddrohung der RAF standen.

In Berlin-Kreuzberg kannte man Christian Herwartz durch seine Wohngemeinschaft über dem „Trinkteufel“ in der Naunynstraße. Viele Kreuzberger saßen irgendwann schon mal an dem großen Tisch zum Samstagsfrühstück. Da kann kommen wer mag, meist sind es ein gutes Dutzend, gelegentlich doppelt so viele. Und tatsächlich treffen sich dort Hinz und Kunz, von der Professorin bis zum Freigänger aus Tegel. Unten ist eine Klingel. Eine Gegensprechanlage gibt es nicht. Man klingelt, es surrt – komm rein, setz dich, Tee oder Kaffee? Das war´s, du bist da, du bist willkommen. Es gilt als unanständig zu fragen woher und wohin und warum. Du kannst erzählen und du darfst schweigen. Die meisten schweigen, jedenfalls über sich. Ansonsten wird viel geredet, laut gestritten, manchmal gesungen, geplant und verabredet. Wer keine Bleibe hat, kann nach einem Bett fragen. Ist eines frei, kannst du bleiben, wenn nicht, wir rücken zusammen, wird schon gehen. Siebzig Nationalitäten sind im Laufe der Jahre durch die WG gezogen, so hat Christian einmal überschlagen. Illegale, Halblegale, Untergetauchte, Abgedrehte. Eine Zeitlang stand häufig die Polizei vor der Tür und suchte nach Verdächtigen aus der Besetzerszene. Später nach Leuten, die sich der Abschiebung entziehen wollten. Man wusste ja, wie es hier zuging. Das hat nachgelassen in den letzten Jahren.

Wenn die Besucherinnen und Besucher von dieser speziellen Atmosphäre erzählen: sie schwärmen von der Offenheit und Freiheit, die in diesen abgewohnten Räumen herrscht. Das ist keine Sozialeinrichtung. Hier wird nicht von oben herab geholfen. Hier wird einfach nur gelebt. So als wäre die Menschheit eine Familie, in der jede und jeder ein Recht hat, dazuzugehören. Es darf nichts Wertvolles in der Wohnung sein, sonst müsste man ja aufpassen, kontrollieren. Das will Christian nicht. Was geklaut wird, war zu wertvoll oder einfach zu viel. Geradezu allergisch reagierte Christian, wenn man ihn zu einem Sozialpastor stempeln wollte. Schon mit der Zuschreibung als Helfer erhebt man sich über den anderen. Er wollte zusammenleben, Mitmensch sein, nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Etwas Urchristliches aber brachte er mit: das Bewusstsein, dass es sich bei jeder Begegnung mit einem Menschen um das Geschenk einer Begegnung mit Gott handelt. Mit jedem Hungernden, Dürstenden, Nackten, Wohnungslosen, der an deine Tür klopft, meldet sich Christus bei dir und gibt dir die Chance, sein Gastgeber zu sein.

Bei einem Samstagsfrühstück begann man die Knastjahre zusammenzuzählen, die zufällig am Tisch versammelt sind und kam auf sechzig Jahre. Es folgte eine intensive Diskussion was für Einzel-, Doppel- und Vierbettzellen spricht.

Wenn Christian von solchen Begegnungen erzählte, dann spürte man: das war kein Trick, um zu guten Taten zu ermuntern oder Bescheidenheit zu signalisieren. Sondern eine Erfahrung, die sich immer wieder bestätigt: Gott begegnet überall, auf der Straße, in der Wohngemeinschaft, im Betrieb, im Mitmenschen, jeden Tag.

Aus dieser Erfahrung heraus hat Christian Herwartz sein Konzept der „Exerzitien auf der Straße“ entwickelt und damit den geistlichen Übungen seines Ordens eine neue Gestalt gegeben. Dazu lud er Menschen ein, sich für einige Tage aus ihren gewohnten Bezügen zu befreien und das unkalkulierbare Leben der Straße zu führen. Als Quartier bot sich im Sommer eine unterbelegte Notunterkunft für Obdachlose an. Dort begann er die Übungen. Er las die Geschichte vom brennenden Dornbusch, in dem Mose eine Gotteserscheinung sah.

So läuft das, erklärte er. Schaut hin, wo es für euch brennt und dann zieht die Schuhe aus, das ist heiliger Boden, und nehmt wahr, was passiert. Die zweite Regieanweisung entlehnte er dem Lukasevangelium. Dort schickt Jesus die Jünger hinaus in die Welt. Zieht ohne Geld los, es gibt keine Sicherheit, nehmt keine Tasche mit, bittet wenn ihr etwas braucht, habt keinen Stock dabei, macht euch wehrlos, zieht die Schuhe aus, so dass ihr den Boden spürt, auf dem ihr geht und grüßt die Leute nicht, das heißt, versucht es ohne die eingeübten Konventionen. Du musst nicht alles befolgen, schau, was dich herausfordert und: lass dich überraschen!

Am Abend kommen die Straßenpilger zusammen und werten aus, was sie erlebt haben. Es ist erstaunlich, was diese kleine Übung in Achtsamkeit bei den meisten bewirkt. Gern lud er Leute aus seiner WG dazu ein. Fachleute in Straßenangelegenheiten. Ein Priester beispielsweise erzählte, wie er sich bei der Armenspeisung versorgte. Es gab Tüten mit einer Stulle, einem Saft und einem Schokoriegel. Der allerdings war seit zwei Jahren abgelaufen und so ließ er ihn unbemerkt verschwinden. Als sein Tischnachbar bemerkte, dass in der Tüte des Kollegen keine Süßigkeit war, teilte er seinen Riegel und war etwas enttäuscht, dass der die Gabe ablehnte. Der Mann von der Straße, der diesen Bericht hörte, schaltete sich ein und bemerkte etwas sarkastisch: weißt du eigentlich, dass du dem Mann die Kommunion verweigert hast?

Die Aufdeckung der Missbrauchsfälle am Canisiuskolleg erschüttert ihn, wie alle Brüder der Berliner Ordensgemeinschaft. Er hätte sich abwenden können. Euer Problem, ich gehörte nie dazu. Ich war extern, ich war in Kreuzberg. Doch so einfach machte er es sich nicht. Es ging bei all dem ja nicht allein um fehlgeleitete Sexualität, es ging um Machtmissbrauch. Und den gibt es überall. Die Anfrage traf also auch ihn. Die Frage der Gewalt und Gewaltvermeidung war immer wieder Thema, wenn sich die WG über dem ‚Trinkteufel‘ zusammenfand. Hat er da immer richtig reagiert? Hat er zu stark agiert oder zu wenig? Das trieb ihn um. In dieser Zeit schätzte er den engen Austausch mit Brüdern aus dem Orden, um sich abzugleichen. Und man schätzte ihn als Stimme von außen, um den Prozess im Orden voranzubringen.

Vor Jahren schon traf Christian die Diagnose Parkinson. Eine schleichende Krankheit, lange konnte er mit den Einschränkungen relativ gut leben. Auch sie: nur ein Aspekt der Lebenswirklichkeit. Es geht eben nicht darum, sich als Helfer zu betätigen. Hilflosigkeit zuzulassen, das ist die schwerste geistliche Übung. Christian legte die WG in der Naunynstraße in die Hände seiner Nachfolgerin und zog sich in die Betreuung des Jesuitenordens zurück. Ging zu denen, die sein Tun über Jahre mit einigem Misstrauen beobachtet hatten und denen er oft mit gehöriger Arroganz begegnet war. Auch dasE eine durchaus geistliche Übung, für beide Seiten.

Wäre er auf der Straße und ohne Papiere gestorben, man hätte wohl zunächst in der Obdachlosenszene recherchiert. Alter Mann, langer weißer Bart, tätowiert am ganzen Körper. Über die Tattoos wäre man ihm dann vielleicht auf die Spur gekommen, lauter religiöse Motive. Offenbar ein frommer Mann, der da gestorben ist.

Das hätte Christian gefallen, darüber hätte er herzhaft gelacht.

Dieser Nachruf ist vom Deutschlandfunk am 1. Mai gesendet worden. Man kann ihn  hier (knapp 15 Minuten) nachhören.

Am 9. Juni gab es im Rahmen der Morgenandacht im Deutschlandfunk einen Beitrag (4 Minuten): Wenn die Tür besonders weit offen steht  über unser offenes Samstagsfrühstück. 

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Nachruf im Tagesspiegel: Christian Herwartz (SJ)

Vor gut drei Wochen hat uns Jörg besucht. Viele Jahre war er Pfarrer der evangelischen Emmauskirche in Kreuzberg und mit Christian Herwartz immer wieder in diversen Anliegen verbunden. Jörg schreibt schon viele Jahre Nachrufe für den Tagesspiegel über ganz normale Berliner. Wir haben lang mit ihm gesprochen. Nun ist gestern – also im Tagesspiegel vom 10. April – eine sehr gekürzte Fassung erschienen und zwei Wochen später auch online – und zwar hier  

Nachruf Christian Herwartz im Tagesspiegel vom 10. April 2022

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Die vollständige Fassung des Nachrufs wird Anfang Mai in einem anderen Medium publiziert. Wir dürfen sie dann auf dem Blog übernehmen. Dieser ausführliche Nachruf wird dann unter dem Headerbild in der Spalte „Seiten“ abrufbar sein, aus presse- und medienrechtlichen Gründen nach der Erstveröffentlichung. Anhören kann man den Beitrag unter dem Titel „Christian Herwartz – ein Leben jenseits der Komfortzone“ beim Deutschlandfunk und zwar hier.

Am 9. Juni 2022 gab es im Rahmen der Morgenandacht einen Beitrag (4 Minuten) über unser offenes Samstagsfrühstück

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Analoger und digitaler Nachlass von Christian Herwartz (SJ)

Christian hat drei Lesebücher / Textsammlungen herausgegeben, in denen BewohnerINNEN, Ex-BewohnerINNen, Freunde und Freundinnen sowie Weggefährten unserer Gemeinschaft zu Wort kommen. Zwei Titel sind noch erhältlich. Sie können bei uns in der WG abgeholt werden, liegen in Sankt Michael aus oder werden gegen Portokostenerstattung verschickt (außerhalb Berlins).

Cover


Geschwister erleben wurde 2010 von Christian Herwartz und Renate Trobitzsch herausgegeben. Anlaß war der 85. Geburtstag von Franz Keller, sein 60jähriges Ordensjubiläum und 30 Jahre in der Kommunität Kreuzberg in der Naunynstraße. Menschen in der Gemeinschaft und im Umfeld unserer WG – nah und fern – wurden eingeladen, sich durch Texte oder Bilder zu verschiedenen Themenbereichen einzubringen. Das Buch umfaßt 343 Seiten.


Folgende Schwerpunkte werden in den einzelnen Kapiteln aufgegriffen. 

  • Pilgern, Lebensentscheidungen, Exerzitien
  • Geschwister überall entdecken
  • Voll-, Teilzeit, Nichtbeschäftigung
  • Beziehungen zwischen Generationen, Machtmißbrauch
  • Mauern in und um Europa überwinden
  • Frieden, interreligiöses Gebet

Cover


Das Einfach-ohne-Buch hat Christian Herwartz zusammen mit Nadine Sylla 2016 herausgegeben. Auch hier tragen zahlreiche BewohnerINNen, Ex-BewohnerINNen und Weggefährtinnen zu unterschiedlichen Themenbereichen Texte, Bilder und Fotos bei. Rock’n Rollf (Rolf Kutschera) hat die einzelnen Kapitel-überschriften illustriert und das Cover gezeichnet. (288 Seiten)

 

Inhalt.

  • Einfach ohne Kolonialismus
  • Einfach ohne
  • Einfach ohne Vorgaben
  • Einfach ohne Schuhe
  • Einfach ohne Fragerei
  • Einfach offen
  • Einfach Mensch sein
  • Einfach in Fülle
  • Einfach gemeinsam
  • Einfach freiwerden
  • Einfach mit Solidarität
  • Einfach mit Hoffnung
  • Einfach mit Frieden
  • Einfach mit Geschichte
  • Einfach mit Zukunft

Christian hat zu den unterschiedlichen Themen, die ihm wichtig waren, Websites erstellt. Hier in der Wohngemeinschaft hat er die Exerzitien auf der Straße entdeckt. Die Seite wird schon seit einiger Zeit von Menschen aus der Gruppe der Begleiterinnen und Begleiter weitergeführt. 

Die jüngste Seite widmet sich den Arbeitergeschwistern und ihren Aktivitäten. Er schreibt dazu: „Mit dieser jüngsten Webseite laden wir interessierte Jüngere und Ältere ein, an unserem Weg eines gelebten Perspektivwechsels teil zu nehmen, einem politischen Schritt zur Menschwerdung aller. Unter uns finden sich Christen mit verschiedenen religiösen Traditionen und unterschiedlichem Engagement – darunter sind katholische Arbeiter-Priester, evangelische Arbeiter-Pfarrer*innen und besonders auch Engagierte ohne kirchliche Ämter.
Dokumente aus ihre solidarischen internationalen/interkonfessionellen Geschichte seit Anfang 1940 und aktuelle Fragestellungen werden greifbarer und sollen alle manuell arbeitenden Frauen und Männern verbinden, die sich für eine gerechtere, offene Gesellschaft engagieren. Das Thema des letzten europäischen Treffens in Essen 2017:
Prekarität und politischer Rechtsruck.“

Viele Jahre hat er im Flughafenverfahren dafür gekämpft, dass Mahnwachen vor dem Abschiebegefängnis (heute „Flughafengewahrsam“ stattfinden dürfen – bis hin zum Bundesverfassungsgericht, das ihm Recht gab. Er schreibt:

„Das Engagement für eine weitherzige Gastfreundschaft. Mit der langen Geschichte der „Ordensleute gegen Ausgrenzung“ in Berlin mit ihren Mahnwachen vor dem Abschiebegefängnis in Berlin-Köpenick, dem Widerstand gegen das Verbot der Mahnwachen vor dem neuen Abschiebegefängnis auf dem Flughafen Schönefeld und der gerichtlichen Klärung vor dem Bundesgericht, das entschied:
Straßen sind  auch in umzäunten Gebieten Straßen, also Orte öffentlich geschützte Meinungsäußerung. Nebenbei das Gericht sagte in der öffentlichen Verhandlung:
Straßen können auch die Gänge in Kaufhäusern sein.“

In unheilige Macht schuf er einen Austauschort zum Themenbereich „der Jesuitenorden und die Mißbrauchskrise“. Dazu erschien das gleichnamige Buch. Er schreibt dazu: 

„Diese Internetseite wurde im November 2012 als interaktiver Blog eingerichtet und nun in eine Webseite umgewandelt. Die Auseinandersetzungen der letzten fünf Monate sind weiter nachzulesen…“

Auch dieses Weblog über die Wohngemeinschaft in der Naunynstraße, gehört zu seinem Erbe.

Nachtrag:

 Das Buch „Gastfreundschaft – 25 Jahre Wohngemeinschaft Naunynstraße“ ist nicht mehr erhältlich. Der Inhalt steht komplett online auf Christians Blog „nackte Sohlen“ und zwar hier. Wir sind immer wieder entsetzt erstaunt, zu welch astronomischen Preisen es im Internet angeboten wird. Es war – wie alle von Christian herausgegebenen Büchern umsonst erhältlich, wurde verschenkt und wer wollte konnte eine Spende zu den Druckkosten geben. 

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