An eurer Seite: Christian Herwartz – ein Leben jenseits der Komfortzone

ein Nachruf von Jörg Machel

Jesus war Schreiner wie auch sein Vater, viele seiner Weggefährten waren Fischer. Die ersten Christen würde man heute wohl eine Graswurzelbewegung nennen. Das religiöse Establishment misstraute ihnen. Seit die Kirche auf die Seite der Macht gewechselt ist, hat sie den Kontakt zur Arbeiterschaft verloren. So sah das mein Onkel. Der war ein sehr selbstbewusster VW-Arbeiter. Und mit der Kirche hatte er schon früh gebrochen. Die paktiert mit denen da oben, nicht mit uns. Meinte mein Onkel.

Christian Herwartz hätte meinen Onkel verstanden. Ja, so hat er die Kirche auch erlebt, egal ob katholisch oder evangelisch, weit weg von der Welt der Arbeiterklasse. Der Begriff klingt heute altmodisch. Aber in den sechziger, siebziger Jahren gab es noch die Rede vom „Klassenbewusstsein“. Da stand mein Onkel am Band. Und Christian Herwartz wurde Arbeiter-Priester. Missionar im Sinne dessen, was mein Onkel befürchtete, war Christian nicht. Seine Mission war es, verstehen zu wollen. Christian Herwartz wollte das Leben der Menschen teilen, im Betrieb und auf der Straße.

Sein Vater war U-Bootkapitän, später Offizier der Bundeswehr. Seine Kindheit war durch ständige Umzüge geprägt. In keiner Schule war er lange genug, um sich einzuleben, immer neue Klassenkameraden, neue Lehrer, neue Lernstoffe. Nur schnell raus aus der Schule. Das Maschinenbaupraktikum in Kiel gefiel ihm. Unter den Werftarbeitern fühlte sich Christian wohl. Von dort wechselte er zur Bundeswehr. Dann aber entschied er sich, das Abitur nachzuholen, auf dem Collegium Marianum in Neuss. Christian entdeckte seine Liebe – die Gemeinschaft der Jesuiten. Denen trat er bei, studierte Theologie und Philosophie und wurde Priester.

Die Achtundsechziger brachten eine Aufbruchszeit, auch bei den Jesuiten. Das Zweite Vatikanum ließ Hoffnungen keimen. Er ging nach Frankreich, dort gab es die Bewegung der Arbeiterpriester. Sie entstand in der Zeit der Resistance, als Priester sich solidarisch und unerkannt an die Seite der Zwangsarbeiter stellten. Eine Konsequenz für Christian war es, den Kriegsdienst nun doch noch zu verweigern. Er ließ sich von der Theologie der Befreiung inspirieren: der Ansatz, die Menschen nicht zu belehren, sondern ihnen zuzuhören, war genau das, was er wollte. Wie gestaltet sich euer Leben? Woran liegt es, dass euch die gute Botschaft von Jesus Christus nicht erreicht? Welche Fragen, welche Sorgen bewegen euch? Was kann ich von euch lernen?

Und Christian hat gelernt. Zunächst an der Werkbank. Er wurde in Frankreich Dreher, später sogar Ausbilder an einer hochmodernen Maschine aus Deutschland. Doch er war auch Gewerkschafter, sympathisierte mit den französischen Kommunisten. Die vertraten für Christian die Interessen der Arbeiterschaft am konsequentesten.

Die Zeit in Frankreich hat Christian Herwartz geprägt und blieb ihm immer präsent. Nach seiner Priesterweihe 1976 zog er nach Berlin, begann dort als Lagerarbeiter und Dreher. Er wohnte nicht in der komfortablen Unterkunft der Jesuiten am Lietzensee, sondern im Arbeiterwohnheim, zusammen mit vielen ausländischen Arbeitnehmern. Man kannte Christian im Betrieb als engagierten Gewerkschafter, nur wenige wussten, dass er ein Studierter war. Einige, die es wussten, misstrauten ihm. Für sie war er nicht als ein „Priester“, der sich im Blaumann versteckt. Manche Ordensbrüder hingegen sahen in ihm einen „Kommunisten“ unter der Soutane.

Als es bei einer Protestaktion vor den Werkstoren mal wieder zur Sache ging, die Polizei sich einem türkischen Kollegen gegenüber fremdenfeindlich äußerte: da ging Christian dazwischen. Wahrscheinlich auch mit Leidenschaft und Lautstärke. Es gab eine Anzeige, Christian Herwartz wurde verurteilt zu einer Geldstrafe. Er zahlte nicht. Das Angebot der Gewerkschaft, die Schuld zu übernehmen, nahm er nicht an. Es folgten zwei Wochen Gefängnis. Christian lachte, als er sich von den türkischen Freunden vor dem Gefängnistor verabschiedete. Sie verliehen ihm am Eingang des Tores den Titel „Löwe der Gerechtigkeit“.

 Hier gehörte er jetzt hin, zu den Ausgestoßenen, den Knackis. Christian Herwartz deshalb für einen Menschen zu halten, der das Martyrium suchte, wäre allerdings falsch. Er fand nur, dass man sich bei Anfeindungen nicht wegducken sollte. Und dass ihm sein Weg in den Knast eine Möglichkeit bot: eine fremde Welt kennenzulernen, die er sonst nur aus Erzählungen oder durch Besuche kannte.

In den achtziger Jahren suchte Christian Herwartz die Nähe zu den Angehörigen der RAF-Gefangenen. Mit ihnen diskutierte er die Haftbedingungen und setzte sich für eine menschliche Behandlung ein. Er erfuhr von Übergriffen auf vermeintliche Sympathisanten. Und sah doch eigentlich nur Familienangehörige, die den Terror zwar verurteilten, ihre Lieben aber nicht im Stich lassen wollten. Auch mit diesem Engagement machte er sich nicht nur Freunde innerhalb seines Ordens. Es gab da ja auch solche, die aus Familien kamen, die unter Morddrohung der RAF standen.

In Berlin-Kreuzberg kannte man Christian Herwartz durch seine Wohngemeinschaft über dem „Trinkteufel“ in der Naunynstraße. Viele Kreuzberger saßen irgendwann schon mal an dem großen Tisch zum Samstagsfrühstück. Da kann kommen wer mag, meist sind es ein gutes Dutzend, gelegentlich doppelt so viele. Und tatsächlich treffen sich dort Hinz und Kunz, von der Professorin bis zum Freigänger aus Tegel. Unten ist eine Klingel. Eine Gegensprechanlage gibt es nicht. Man klingelt, es surrt – komm rein, setz dich, Tee oder Kaffee? Das war´s, du bist da, du bist willkommen. Es gilt als unanständig zu fragen woher und wohin und warum. Du kannst erzählen und du darfst schweigen. Die meisten schweigen, jedenfalls über sich. Ansonsten wird viel geredet, laut gestritten, manchmal gesungen, geplant und verabredet. Wer keine Bleibe hat, kann nach einem Bett fragen. Ist eines frei, kannst du bleiben, wenn nicht, wir rücken zusammen, wird schon gehen. Siebzig Nationalitäten sind im Laufe der Jahre durch die WG gezogen, so hat Christian einmal überschlagen. Illegale, Halblegale, Untergetauchte, Abgedrehte. Eine Zeitlang stand häufig die Polizei vor der Tür und suchte nach Verdächtigen aus der Besetzerszene. Später nach Leuten, die sich der Abschiebung entziehen wollten. Man wusste ja, wie es hier zuging. Das hat nachgelassen in den letzten Jahren.

Wenn die Besucherinnen und Besucher von dieser speziellen Atmosphäre erzählen: sie schwärmen von der Offenheit und Freiheit, die in diesen abgewohnten Räumen herrscht. Das ist keine Sozialeinrichtung. Hier wird nicht von oben herab geholfen. Hier wird einfach nur gelebt. So als wäre die Menschheit eine Familie, in der jede und jeder ein Recht hat, dazuzugehören. Es darf nichts Wertvolles in der Wohnung sein, sonst müsste man ja aufpassen, kontrollieren. Das will Christian nicht. Was geklaut wird, war zu wertvoll oder einfach zu viel. Geradezu allergisch reagierte Christian, wenn man ihn zu einem Sozialpastor stempeln wollte. Schon mit der Zuschreibung als Helfer erhebt man sich über den anderen. Er wollte zusammenleben, Mitmensch sein, nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Etwas Urchristliches aber brachte er mit: das Bewusstsein, dass es sich bei jeder Begegnung mit einem Menschen um das Geschenk einer Begegnung mit Gott handelt. Mit jedem Hungernden, Dürstenden, Nackten, Wohnungslosen, der an deine Tür klopft, meldet sich Christus bei dir und gibt dir die Chance, sein Gastgeber zu sein.

Bei einem Samstagsfrühstück begann man die Knastjahre zusammenzuzählen, die zufällig am Tisch versammelt sind und kam auf sechzig Jahre. Es folgte eine intensive Diskussion was für Einzel-, Doppel- und Vierbettzellen spricht.

Wenn Christian von solchen Begegnungen erzählte, dann spürte man: das war kein Trick, um zu guten Taten zu ermuntern oder Bescheidenheit zu signalisieren. Sondern eine Erfahrung, die sich immer wieder bestätigt: Gott begegnet überall, auf der Straße, in der Wohngemeinschaft, im Betrieb, im Mitmenschen, jeden Tag.

Aus dieser Erfahrung heraus hat Christian Herwartz sein Konzept der „Exerzitien auf der Straße“ entwickelt und damit den geistlichen Übungen seines Ordens eine neue Gestalt gegeben. Dazu lud er Menschen ein, sich für einige Tage aus ihren gewohnten Bezügen zu befreien und das unkalkulierbare Leben der Straße zu führen. Als Quartier bot sich im Sommer eine unterbelegte Notunterkunft für Obdachlose an. Dort begann er die Übungen. Er las die Geschichte vom brennenden Dornbusch, in dem Mose eine Gotteserscheinung sah.

So läuft das, erklärte er. Schaut hin, wo es für euch brennt und dann zieht die Schuhe aus, das ist heiliger Boden, und nehmt wahr, was passiert. Die zweite Regieanweisung entlehnte er dem Lukasevangelium. Dort schickt Jesus die Jünger hinaus in die Welt. Zieht ohne Geld los, es gibt keine Sicherheit, nehmt keine Tasche mit, bittet wenn ihr etwas braucht, habt keinen Stock dabei, macht euch wehrlos, zieht die Schuhe aus, so dass ihr den Boden spürt, auf dem ihr geht und grüßt die Leute nicht, das heißt, versucht es ohne die eingeübten Konventionen. Du musst nicht alles befolgen, schau, was dich herausfordert und: lass dich überraschen!

Am Abend kommen die Straßenpilger zusammen und werten aus, was sie erlebt haben. Es ist erstaunlich, was diese kleine Übung in Achtsamkeit bei den meisten bewirkt. Gern lud er Leute aus seiner WG dazu ein. Fachleute in Straßenangelegenheiten. Ein Priester beispielsweise erzählte, wie er sich bei der Armenspeisung versorgte. Es gab Tüten mit einer Stulle, einem Saft und einem Schokoriegel. Der allerdings war seit zwei Jahren abgelaufen und so ließ er ihn unbemerkt verschwinden. Als sein Tischnachbar bemerkte, dass in der Tüte des Kollegen keine Süßigkeit war, teilte er seinen Riegel und war etwas enttäuscht, dass der die Gabe ablehnte. Der Mann von der Straße, der diesen Bericht hörte, schaltete sich ein und bemerkte etwas sarkastisch: weißt du eigentlich, dass du dem Mann die Kommunion verweigert hast?

Die Aufdeckung der Missbrauchsfälle am Canisiuskolleg erschüttert ihn, wie alle Brüder der Berliner Ordensgemeinschaft. Er hätte sich abwenden können. Euer Problem, ich gehörte nie dazu. Ich war extern, ich war in Kreuzberg. Doch so einfach machte er es sich nicht. Es ging bei all dem ja nicht allein um fehlgeleitete Sexualität, es ging um Machtmissbrauch. Und den gibt es überall. Die Anfrage traf also auch ihn. Die Frage der Gewalt und Gewaltvermeidung war immer wieder Thema, wenn sich die WG über dem ‚Trinkteufel‘ zusammenfand. Hat er da immer richtig reagiert? Hat er zu stark agiert oder zu wenig? Das trieb ihn um. In dieser Zeit schätzte er den engen Austausch mit Brüdern aus dem Orden, um sich abzugleichen. Und man schätzte ihn als Stimme von außen, um den Prozess im Orden voranzubringen.

Vor Jahren schon traf Christian die Diagnose Parkinson. Eine schleichende Krankheit, lange konnte er mit den Einschränkungen relativ gut leben. Auch sie: nur ein Aspekt der Lebenswirklichkeit. Es geht eben nicht darum, sich als Helfer zu betätigen. Hilflosigkeit zuzulassen, das ist die schwerste geistliche Übung. Christian legte die WG in der Naunynstraße in die Hände seiner Nachfolgerin und zog sich in die Betreuung des Jesuitenordens zurück. Ging zu denen, die sein Tun über Jahre mit einigem Misstrauen beobachtet hatten und denen er oft mit gehöriger Arroganz begegnet war. Auch dasE eine durchaus geistliche Übung, für beide Seiten.

Wäre er auf der Straße und ohne Papiere gestorben, man hätte wohl zunächst in der Obdachlosenszene recherchiert. Alter Mann, langer weißer Bart, tätowiert am ganzen Körper. Über die Tattoos wäre man ihm dann vielleicht auf die Spur gekommen, lauter religiöse Motive. Offenbar ein frommer Mann, der da gestorben ist.

Das hätte Christian gefallen, darüber hätte er herzhaft gelacht.

Dieser Nachruf ist vom Deutschlandfunk am 1. Mai gesendet worden. Man kann ihn  hier (knapp 15 Minuten) nachhören.

Am 9. Juni gab es im Rahmen der Morgenandacht im Deutschlandfunk einen Beitrag (4 Minuten): Wenn die Tür besonders weit offen steht  über unser offenes Samstagsfrühstück. 

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#WMDEDGT April 2022: Immer wieder dienstags …

Am 5. des Monats ruft die Nachbarbloggerin immer zum Tagebuchbloggen auf unter dem Motto „WMDEDGT?“ (kurz und knackig für „Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?“). Manchmal melde ich mich auch hier im Blog zu Wort und dieses Mal habe ich wieder einiges zu erzählen. 

Ich bin der Tisch von der Wohngemeinschaft Naunynstraße mitten in Kreuzberg  im ehemaligen SO 36. Ich stehe hier mitten im Wohnzimmer seit 38 Jahren und habe schon viele kommen und gehen sehen. Zur Zeit steht neben mir ein kleiner Kollege, auf dem ein Bild von Christian mit Blumen und Kerzen steht. Christian hat die WG mit Michael und Peter 1979 in der Sorauer Straße – auch in Kreuzberg – begonnen. Da war ich auch schon dabei und bin 1984 dann mit umgezogen. Christian ist Ende Februar gestorben. Und sein Tod beschäftigt alle hier sehr.

Christian Herwartz im Herbst 2021

Hier sieht man Christian in Kladow, im Garten des Seniorenheims der Jesuiten. Dorthin mußten wegen Corona die Jesuiten der Altersgruppe 70plus. Es ist das letzte Foto, das wir von ihm haben. 

Zur Zeit wohnen nur zehn Leute um mich herum. Seit letzter Woche findet das Frühstück wieder um 8.00 h statt, zu dem alle kommen, die nicht unterwegs in der Arbeit oder bei anderen Terminen (Ämter, Jobcenter …) sind. Jobcenter findet ja im Moment auch online statt. 

Beim Frühstück waren zwei Menschen aus der Nachbarschaft dabei, die öfter dazu kommen. Es gibt immer interessante Gesprächsthemen. Die beiden Gäste sind politisch sehr interessiert und einer seit Jahrzehnten in der Kommunalpolitik in Kreuzberg aktiv. Da gibt es dann immer interessante Neuigkeiten. Morgen, am Mittwoch, wir der Maria-von-Maltzan-Platz in unserer Nachbarschaft eingeweiht. Maria von Maltzan  war während der Zeit des Nationalsozialsozialismus in einerA Widerstandsgruppe aktiv und hat Juden in ihrer Wilmersdorfer Wohnung versteckt und versteckten Juden geholfen. Später war sie als Zirkustierärztin unterwegs. Am Ende der Naunynstraße ist ein Rondell, das nach ihr benannt wird. Dort hatte sie ab 1984 eine Tierarztpraxis, in der sie die Tiere von Punkern und armen Leuten umsonst behandelt hat. 

 Außerdem wurde noch von Mabels Besuch am Montag erzählt. Sie hat mit ihrer Mitschwester Margit hier ein neun Monate gelebt. Es war eine Art Schwangerschaft. Danach haben sie die Berliner Beratungsstelle von Solwodi gegründet.  Dort bekommen Frauen, die von Menschenhandel und Zwangsprostitution betroffen sind, Hilfe. Bei uns haben auch schon welche gewohnt, wenn in der Zufluchtswohnung von Solwodi kein Platz mehr war. Unser Ex-Mitbewohner Rockn Rolf hat auf mir die Karrikaturen zur Illustration der Solwodi-Website gezeichnet, die hier zu sehen sind. Mabel hat hier von ihren Erinnerungen an die Zeit in der WG erzählt. Für die Gedenkwand hat sie uns ein Foto von Margit mitgebracht, die vor zwei Jahren verstorben ist. 

Ein Besuch hat von der Angst erzählt, durch die steigenden Lebensmittel- und Energiepreise nicht mehr mit dem Geld von der Grundsicherung auszukommen. 

Um die Mittagszeit war es dann recht ruhig hier – abgesehen von einigen Frühjahrsputzaktivitäten – bis dann am Nachmittag der Chefkoch von der Arbeit nach Hause kam. Ein Mitbewohner hatte schon einige Packungen Champignons, die wir von der Tafel bekommen haben, vorbereitet. Sie wurden zu einer Pizza für unseren Gemeinschaftsabend vorbereitet, der jeden Dienstag stattfindet.

Um 18.00 Uhr treffen wir uns immer zum Abendessen. Zwei waren nicht da, weil sie gerade an Straßenexerzitien teilnehmen. Nach dem Essen sitzen wir immer zusammen und erzählen, was uns bewegt: Was uns freut, was uns beschäftigt, was schwer ist.

Einer hat eine Ausbildung zum Lokführer begonnen und muß sich in eine neue Tagesstruktur hineinfinden. Ein anderer hofft, daß er endlich in den Sprachkurs einsteigen kann, für den er im März 2020 eine Zusage hatte, der aber wegen dem Lockdown ausgefallen ist. Ein anderer beschäftigt sich mit einer längeren Perspektive für seine Zukunftsplanung …

Danach machen wir eine Viertelstunde Pause und dann treffen sich die BewohnerINNEN, die miteinander singen, meditieren, beten, Texte aus heiligen Schriften hören und sich darüber austauschen wollen – eine Form von Gottesdienst, zu dem jeder etwas beitragen und mitbringen kann. Danach wird es ruhig hier im Wohnzimmer. 

Mehr zu Maria-von-Malteizan
Mehr Beiträge zu #WMDEDGT April 2022 sind hier am Ende des Postings

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Erinnerungsfoto (1): Gespräche am Jakobsbrunnen mit Christian Herwartz

Christian Weisner von der Kirchenvolksbewegung WIR SIND KIRCHE hat uns dieses Erinnerungsfoto geschickt:

P. Christian Herwartz SJ, unser erster Gast, sitzt lieber mitten im Publikum bei Wir sind Kirche auf dem Kirchentag 2017 in Berlin

Es ist auf dem evangelischen Kirchentag 2017 in Berlin entstanden. Wie bei jeden Kirchen- und Katholikentag hat die Initiative auch bei diesem Kirchentag zu „Gesprächen am Jakobsbrunnen“ eingeladen. Christians Thema war: „Exerzitien auf der Straße: Respektvolles Hören und Sehen“.

Christian Weisner schreibt:

Lieber Namensbruder, Du warst ein ganz ungewöhnlicher Jesuit, der vielen Menschen bei den „Exerzitien auf der Straße“ (leider war ich nie dabei) die Augen geöffnet hat. Sehr wichtig auch das Buch „Unheilige Macht“ über den Missbrauchsskandal bei den Jesuiten, an dem Du wesentlich mitgewirkt hast. Du wirst vielen Menschen und auchC mir unvergessen bleiben.

Wer mag, darf uns gerne ein Erinnerungsfoto schicken

Zum Weiterlesen:
Nachgerufen: Christian Herwartz: Arbeiterpriester und Entdecker der Straßenexerzitien
Gottesdienst am Küchentisch (von Christian Herwartz über die Geschichte der WG und Kommunität Naunynstraße
Christians Impulstext zum Misereor-Hungertuch 2021 und 2022: Du stellst meine Füße auf weiten Raum

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Leben in die Offenheit Gottes hinein …

Letztes Jahr war Christian zu Beginn der Fastenzeit in Magdeburg eingeladen über die Exerzitien auf der Straße, die Fastenzeit und Ostern zu sprechen. Da eine Fahrt nach Magdeburg wegen Corona nicht in Frage kam, sind die Mitarbeitenden des pastoralen Zentrums zu ihm nach Kladow gekommen  und haben das Gespräch aufgezeichnet. Es ist bei youtube zu sehen und zwar hier

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Wohngemeinschaft mit Gott

 

Das Magazin 3_2020 zeigt die Lichtinstallation mit dem Hashtag #hope auf das Matterhorn

Was für eine Überraschung als letzte Woche die aktuelle Ausgabe von andere Zeiten – Magazin zum Kirchenjahr bei uns im Briefkasten lag. Reportagen, Betrachtungen und informative Texte eröffnen Zugänge zu den besonderen Tagen und Zeiten des Kirchenjahres – dieses Mal vom Franziskus-tag über das Rosenkranzfest, den-Reformations-tag und Buß- und Bettag bis hin zum Ewigkeitssonntag. Erst einmal blieb das Heft bis zum Wochenende liegen um mit mehr Zeit und Muße hineinzuschauen. Aber am Samstag war es dann soweit, gerade noch rechtzeitig vor dem Franziskusfest, das bei uns eine herausgehobene Rolle spielt, weil der Chefkoch an diesem Tag Namenstag feiert.  Die letzten Jahre waren immer einige von uns beim Transitus, einer Liturgie der franziskanischen Gemeinschaften am Vorabend des Namenstags, in dem der Heimgang von Franziskus im Mittelpunkt steht. Jedes Jahr lädt eine andere der franziskanischen Gemeinschaften in Berlin dazu ein. Und wir durften dazu kommen. Aber aus den bekannten Gründen fand dieses feierliche Treffen mit Gottesdienst und anschließendem Beisammensein mit einem schönen Essen und anregenden Gesprächen leider nicht in dieser Form statt. 

Ich nehme nun am Samstagabend das „andere Zeiten“ – Heft zur Hand, lese auf den ersten beiden Seiten einige kurze Hinweise und schlage dann auf Seite vier den ersten doppelseitigen Artikel auf: „Wohngemeinschaft mit Gott“ springt mir die Überschrift entgegen. Da steht auf einer Rasenfläche ein langer Tisch mit Gartenstühlen. Nicht unser Tisch – einen solchen Tisch haben wir nicht, aber es geht um uns, um unsere WG in Kreuzberg.

Zum Franziskusfest erzählt Schwester Birgitta Harsch, eine Franziskanerin aus Reute, wie die Frage „wie wir unseren einfachen und alternativen Lebensstil in unserer Gemeinschaft leben oder an manchen Stellen nicht leben“ sie auf neues Terrain führte, nämlich zu Exerzitien auf der Straße in unsere Wohngemeinschaft mitten in Kreuzberg, was sie erlebt hat und wie das ihren weiteren Weg in ihrem Ordensleben beeinflußt hat. Sie schreibt: 

„Moment mal … waren da vor meiner Zeit in der WG nicht auch Vorbehalte und Ängste gegenüber Menschen aus verschiedenen Kulturen und anderer Hautfarbe? Monate zuvor hatte ich die Sehnsucht verspürt, ganz einfach leben zu wollen. Und wo hatte Gott mich hingeführt? Wunderbare Menschen hatten mich unkompliziert und selbstverständlich abgeholt in ihre Gemeinschaft hinein und einer, Gott, war mittendrin, um mich zu empfangen – einfach! Er wußte um meine tiefe Sehnsucht …“

Wir wußten nichts von diesem Artikel. Er war und ist ein Geschenk. Wir haben ihn am Sonntagmorgen beim Feiertagsfrühstück zum Franziskusfest gelesen, waren sehr berührt und haben uns sehr gefreut. Was für ein schöner Tagesbeginn mit diesem Gruß von einer den meisten jetzigen Mitbewohnern unbekannten Schwester.

Wer das Magazin „Andere Zeiten“ kostenlos beziehen möchte, kann die aktuelle Ausgabe      hier bestellen. Es liegt dann drei Mal im Jahr im Briefkasten. 

Zum Weiterlesen:
Wer gastfreundlich sein will, muß Platz schaffen…  – ein Gespräch von Angela Krumpen (domradio) mit Christian Herwartz
Mehr zu Exerzitien auf der Straße

 

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Frühstücksbesuch vom Dorf

Ein Teilnehmer der Straßenexerzitien, die gestern zu ende gegangen sind, hat uns heute zum Frühstück besucht. Wir freuen uns über Frühstücksbesuche. Sie bringen immer wieder Themen aus ihrer Lebenswelt mit und auf den Tisch, die unsere Sichtweisen – auch untereinander und über unsere Kulturen erweitern. Heute sind wir über folgende Themen ins Gespräch gekommen:

  • Was ist ein Waldkindergarten?
  • Wie ist das Leben auf dem Dorf und in der Stadt
  • Kinder und Großeltern: Das Miteinander in verschiedenen Kulturen
  • Dienste von Laien in der katholischen Kirche

Mit Ignatius von Loyola auf die Straße …

… heißt ein Artikel, in dem einige neue Exerzitienformen wie Filmexerzitien oder Exerzitien auf der Straße vorgestellt werden und zwar hier. 

Allerdings ist der einleitende Text etwas irreführend, wenn es da heißt:

Exerzitien sind in, aber nicht jeder findet schnell einen Zugang zu Bibeltexten und geistlichen Übungen. Deshalb haben sich in den letzten Jahrzehnten einige Varianten etabliert, die Exerzitien auch für weniger geübte Menschen attraktiv machen wollen.

Den Exerzitien auf der Straße sind ja nicht Überlegungen vorausgegangen, wie man Exerzitien „für weniger geübte Menschen attraktiv“ machen könnte, sondern es kam ein Jesuit im Rahmen seiner Ordensausbildung zu Christian und wollte bei uns Exerzitien machen um herauszufinden, ob er in ein Aidshospiz gehen sollte oder nicht. Aufgrund der räumlichen Bedingungen in unserer Wohnung, in der fast immer viele Menschen sind, und der es keinen Raum der Stille gibt, ist die Straße zum Ort der Exerzitien geworden. Auch die ersten Kurse haben nicht etwa „weniger geübte Menschen“ angezogen, sondern haben mit Ordensleuten unterschiedlicher Gemeinschaften stattgefunden.

 

Europäische Bibeldialoge: Heil und Heilung

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Schon wieder ist es eine Woche her, daß eine Gruppe der europäischen Bibeldialoge (früher Berliner Bibelwochen) die WG besuchte. 28 Ehrenamtliche aus verschiedenen Ländern, die sich in unterschiedlichen Bereichen der Seelsorge engagieren, waren einige Tage zum Thema „Heil und Heilung“ zusammengekommen. Nach einer Einführung in die Exerzitien auf der Straße unter diesem Themenschwerpunkt waren sie eineinhalb Stunden auf Kreuzberger Straßen unterwegs und konnten eigene Erfahrungen machen. Zum Nachgespräch in zwei Gruppen konnten wir uns dann im Kirchenraum von Sankt Michael treffen, denn dafür wäre unser Wohngemeinschaftswohnzimmer zu klein gewesen. Sankt Michael hat auch insofern mit den Exerzitien auf der Straße zu tun, weil dort die ersten Kurse in der damaligen Notübernachtung stattfanden. Ein besonderes Geschenk war, daß Christian dabei sein konnte und ein anderer Begleiter seine ersten Erfahrungen mit dem Begleiten machen konnte. Auf dem ‚Weblog der europäischen Bibeldialoge kann man noch mehr dazu nachlesen.